Roadtrip 2021, Etappe 6: Ein Chalet im Nebel in der Schweiz

Die erste Grenze, an der es wirklich mal Stichprobenkontrollen gibt, erwartet uns mitten im St. Bernhard Tunnel im Übergang zwischen Italien und der französischen Schweiz. Ein paar Autos vor uns muss jemand rechts ran fahren und wird schon von Grenzpolizisten erwartet. Während ich schwitze, wie ich es immer in solchen Situationen tue, auch wenn ich nichts zu befürchten habe, irrt Bastian durch den Tunnel, um irgendwo eine Vignette für das Auto der zweiten Familie im Bunde aufzutreiben. Als wir aus Deutschland auf dem Hinweg in die Schweiz einreisten, wurden wir durch unzählige Schilder an diversen Tankstellen darauf aufmerksam gemacht, dass man 1. eine Vignette benötigt und wo man sie 2. kaufen kann. Die anderen sind direkt über das Elsass nach Frankreich gefahren und haben noch keine. Nun kommen wir über die Landstraße mit ihren Serpentinen aus Italien und es gibt keinen einzigen Hinweis darauf, wo unsere Freunde eine Vignette erwerben können. Im Tunnel aber klappt es endlich und wir fahren beruhigt in die Schweiz hinüber. 
 

Erst einmal müssen wir uns im Anflug an das Hotel le Grand Chalet auf ganz anderes Wetter als bisher einstellen. Richtung Norden - und gerade hier in den Bergen - wird es nun immer kühler. Und neblig ist es ohne Ende! Die letzten Kilometer fahren wir wortwörtlich durch die Wolken, die zwischen den Gipfeln hängen. Viele Autos haben noch nicht einmal Licht an, im Nebel sieht man nur ein paar Meter weit und ich bin froh, dass ich gerade nicht fahren muss, denn ich kann die enge Straße nach Leysin mit ihren Serpentinen nur erahnen. Aber Jens lenkt uns souverän zu unserem Hotel. Oben angekommen atme ich gefühlt zum ersten Mal nach dieser wilden Fahrt wieder ganz normal. Leysin wird ja auch das "Oxygen of Switzerland" genannt, wie passend. Also NOCHMAL ganz tief einatmen, denn blind eine schmale Bergstraße hochzufahren war wirklich genug Aufregung für heute.
 

Einen Ausblick, wie wir ihn erhofft hatten, haben wir allerdings heute dementsprechend nicht. Als wir beim Abendbrot im urigen Restaurant des Hotels sitzen, kann man gerade mal bis zum Fenster gucken. Dahinter befindet sich eine graue Nebelwand. Es ist wie ein Blick ins Nichts. Das erinnert mich doch sehr an meinen Ausflug in die Blue Mountains in Australien vor einigen Jahren, auf dem wir auch im Nebel von "View Point" zu "View Point" wanderten, nur um in die grauen Schwaden zu gucken. 

Wir nehmen es aber auch diesmal mit Humor und gratulieren uns gegenseitig zu dieser grandiosen Aussicht. Das Restaurant des Hotels ist sehr gut, die Mitarbeiter sind sehr nett, aber die Preise doch typisch schweizerisch gesalzen (24€ für einen Burger mit Pommes sind schon nicht ohne). Aber es schmeckt und bei dem Wetter waren wir uns ziemlich schnell einig, dass wir jetzt weder mit dem Auto noch zu Fuß nochmal da raus wollen. 
 
 
Unser Zimmer mit der rot-weiß geblümten Federbettdecke und den Holzwänden lässt uns die Nacht wie Heidi verbringen. Am Bett lässt sich das Fenster nach außen öffnen, auf dem Fenstersims steht ein Blumenkasten, wie man es in einem solchen Blockhaus in den Bergen eben vermuten würde. "Gestern hatten wir noch ein Laken als Bettdecke, heute so richtig dickes Bettzeug!", merkt Mia an. So ist das, wenn die Eltern reiseverrückt sind. Man nimmt eben in ein paar Tagen mal einige Höhen- und Klimaunterschiede mit. Eigentlich können die Kinder nur froh sein, dass wir auf dieser Tour lieber "besondere Unterkünfte" als "Campen mit dem Bulli" im Programm haben. Hier in Leysin sind wir 1260m über dem Meeresspiegel und damit ist es natürlich auch ein paar Grad kühler als in Italien. Da wäre eine Nacht im Bulli sicherlich nur mit voll aufgedrehter Standheizung angenehm gewesen. Also kuscheln wir uns in die dicken Decken und warten mal ab, wie es hier so im hellen und mit Sicht aussehen wird.
 
 
Nach dem Frühstück am nächsten Morgen ist der Ausblick wieder da und wir Erwachsenen stehen mit unseren Kaffees auf der Terrasse und genießen ihn erstmal ausgiebig, während die drei Kinder sich zum Spielen ins Hotel verzogen haben. Für Eltern ist es immer gut, wenn die mitreisenden Kinder sich gut verstehen und auch manchmal ihr eigenes Ding machen. So können wir nochmal das "Oxygen of Switzerland" einatmen, bevor wir gegen Mittag die Serpentinen wieder herunterfahren, um der Autobahn weiter durch die Schweiz in Richtung Deutschland zu folgen.


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