Vier Halunkinnen in Heiligenhafen

Den ganzen Sommer über haben wir uns kaum gesehen und nun sind wir endlich mal wieder gemeinsam unterwegs: meine Freundinnen Jasmina, Julia, Anna und ich. Seit ein paar Jahren schenken wir uns Zeit statt großer Geschenke und ich finde das ganz wunderbar! Jasmina bekam ein Wochenende in Bremen (hier geht's zum Post), ich ein Glamping-Wochenende, das noch aussteht, und Julia eben dieses schöne Wochenende in einem Hotel mit dem glamourösen Namen 'Bretterbude'.

Das Hotel ist gleich nach meinem Geschmack. An der Bar am Eingang hängen zu Schaukeln umgebaute Skateboards von der Decke, ein alter Passbildautomat lädt zu lustigen Fotos ein und ein Schild deutet darauf hin, dass es eine Sauna für alle 'Halunken' gibt, die hier wohnen. Das Zimmer, das wir vier gebucht haben, nennt sich 'Cleptomanicx-Butze', hat einen tollen Meerblick und sieht aus wie das Jugendzimmer eines Skaterboys. Julia und Jasmina schafen in einem Hochbett auf einer Empore, das man über eine schmale Treppe erreicht. Anna und ich auf zwei Kojen aus Holz im unteren Bereich. Witzigerweise gibt es über meinem Bett eine Leiter, über die ich eine Plattform, wie auf einem Klettergerüst, erreiche. Am Ende der Plattform ist ein kleines Loch in der Wand und wenn ich dort durchkrabbele, bin ich direkt neben Julia und Jasminas Bett. Sehr witzige Idee. Wäre ich morgens die Erste, die wach ist, würde es mich bestimmt reizen mal die schlafenden Mädels dort oben zu erschrecken. Aber ich weiß schon, dass ich in unserer Vierergruppe definitiv nicht die bin, die morgens als Erstes wach wird. 

Es ist Freitagabend, als wir ankommen. Wir bringen gleich mal den alten Plattenspieler in Gang, aber neben ein paar alten Heinz Ehrhardt und Loriot Platten gibt es leider nichts, bei dem Stimmung aufkommt. Gut, dass nicht nur wir an diesem Wochenende einen Geburtstag nachholen. Auch das Hotel feiert seinen sechsten Geburtstag und witzigerweise ist daher auf der Promenade an beiden Abendenden ordentlich Party mit Live Bands. Das läuft ja hervorragend!

So kommt es, dass wir nach einem ausgiebigen Abendessen bei ‚Gosh‘ mit einem Drink aus der Bar mit dem schönen Namen ‚Spelunke‘ direkt vor der Bühne an der Promenade landen, auf der gerade die Band Kojak Knaller aus der Rockszene zum Besten gibt. Am Anfang sind wir noch etwas verhalten, aber spätestens nach dem fünften musikalischen Kracher (und schätzungsweise dem dritten Drink) springen wir nur noch mit der Menge mit. Da große Getränke beim Herumspringen nur stören, beschließen wir experimentierfreudig zu werden und uns durch die ‚Lütten‘ auf der Karte zu testen. Der ‚Vollmatrose‘ oder auch ‚Fat Fritz‘ sind schnell heruntergekippt, so dass wir zackig wieder in die Musik eintauchen können. Irgendwann übernimmt ein DJ und mitten in der Nacht fallen wir k.o., aber happy in unsere Kojen. 


Am nächsten Tag geht es nach dem Frühstück direkt sportlich los. Laut dem gebuchten Paket dürfen wir uns für zwei Stunden kostenlos SUPs ausleihen. Der Wind ist heute ganz gut am Start und Felix von der Verleihbutze rät uns, vielleicht lieber auf dem Binnensee, statt auf dem Meer in See zu stechen. Klingt für uns äußerst sinnvoll, denn Julia hatte uns mit ihrer Segelerfahrung schon nach dem ersten Blick auf das Meer (und in die Windkarte) gesagt, dass das heute wohl eine kleine Herausforderung für uns vier Ungeübte wird. Binnensee klingt für mich nach einem ruhigen Gewässer ohne Wellengang und Strömung, daher bin ich direkt für diese Idee. Felix hilft uns die SUPs zu einem kleinen Steg zu bringen und da stehen wir nun. Jasmina ist die Kleinste von uns, lugt über den Rand des Stegs und fragt respektvoll: „Und wie kommen wir da runter?“. „Na klettern!“, ist die Antwort. Felix ist so nett und hält unsere SUPs nacheinander fest, damit wir sicher vom Steg kommen. Denn der Binnensee ist nicht so ruhig, wie ich mir das vorgestellt hatte. Felix guckt aufs Wasser und sagt: „Joa, das wird doch schon eine sportliche Herausforderung. Aber ihr schafft das schon!“. Hier gibt es ebenfalls Wellen und die Strömung lässt mein SUP gleich mal unter den Steg treiben, so dass ich mich gerade noch oben festhalten und zurückschieben kann. Während wir klettern, muss Jasmina vom Steg aufs SUP springen, weil sie es von oben nicht mit den Füßen erreicht. Was sie aber mit Bravour meistert!

 

Wir müssen am Hafen vorbei paddeln, dann nach rechts und unter einer Brücke hindurch. Dort soll das Gewässer ruhiger werden. Aber das erste Stück am Hafen entlang haben wir so starke Gegenströmung, dass wir zeitweise paddeln bis zum Umfallen, aber trotzdem fast gegen die hier liegenden Segelboote gespült werden. Als wir endlich rechtsherum fahren und den Hafen passieren, wird es entspannter. Die Strömung ist nun mit uns gemeinsam unterwegs und endlich können wir mal einen Moment verschnaufen. Da wir bis hier nur knien konnten, merke ich jetzt schon, dass der Muskelkater nicht lange auf sich warten lassen wird. Auf der anderen Seite der Brücke, die den Binnensee kreuzt, wird es wirklich ruhiger. Hier können wir endlich auf dem SUP stehen und herumpaddeln. Zwischendurch gibt es eine kleine Auszeit am Strand in der Sonne. Dann wird wieder weiter gepaddelt. Was haben wir für ein Glück mit dem Wetter! Die Sonne strahlt und so warm hatte ich es an der Ostsee auch nicht erwartet. 


Nach dem Ausflug mit den SUPs ist uns so warm, dass wir direkt mit den Neoprenanzügen in die Ostsee springen und uns abkühlen. Jetzt fehlt eigentlich nur noch eins: Ein Besuch der Sauna unseres Hotels und danach wird geshoppt mit den Gutscheinen, die in unserem Zimmer lagen. Wir müssen ja alles verproben. Als wir den letzten Laden verlassen, sterbe ich vor Hunger und wir kehren im Restaurant ‚Strandschuppen‘ ein. Ich frage mich, wie schnell man eigentlich einen Burger mit Pommes inklusive Nachtisch verdrücken kann. Gefühlt kommt das Essen ziemlich schnell und ist auch genauso schnell wieder von den Tellern verschwunden. Die zwei Stunden mit den SUPs waren wohl tatsächlich eine sportliche Herausforderung für uns. Heute schaffen wir es nicht bis mitten in der Nacht vor der Bühne herumzuspringen. Auch ein Schnaps namens ‚Klabauternuss‘ bringt uns nicht wieder auf Hochtouren, so dass wir nach einiger Zeit in der Kneipe beschließen, dass heute der richtige Abend zum Chillen und Quatschen ist. Man muss ja auch die Cleptomanicx-Butze mal auskosten. Und so einen Mädelsabend haben wir auch schon lange nicht mehr gemacht. Wellenrauschen gepaart mit den seicht herumwehenden Tönen der Band auf der Bühne vermischt sich mit unseren Stimmen im Zimmer und dem Ploppen von Sektkorken. 


An unserem letzten Morgen springen Jasmina und ich noch einmal in die eiskalte Ostsee. Während ich mich so im Wasser treiben lasse, bin ich sehr zufrieden mit unserer Entscheidung, uns lieber Zeit zu schenken als irgendeinen Kram und freue mich schon auf unseren nächsten Mädels-Trip.

Kommentare

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Weser-Hochwasser zu Weihnachten

Das Schärfste zwischen Lübbenau und Burg - Die Chaosfamilie im Spreewald

HO17...oder "Die Welt zu Gast in Hessisch Oldendorf"