Es gibt so Momente in unserer großen, chaotischen
Familie, die mich einfach glücklich machen. Manchmal sind es die einfachen
Dinge, wie mit der ganzen Familie an einem nicht ganz alltäglichen Lagerfeuer
zu sitzen oder bei guter Musik mit allen im Konvoi an den nächsten Strand zu
fahren...
...aber mal der Reihe nach: Zu meinem 40sten
Geburtstag habe ich mir von Freunden und der Familie vor allem eines gewünscht:
Zeit mit ihnen. Und genau die sollte ich geschenkt bekommen. So kam es dazu,
dass der ehemalige Marstall auf Gut Güldenstein in Harmsdorf für das lange
Pfingstwochenende zwölf unserer engsten Familienmitglieder beherbergte.
Als wir durch das Torhaus auf das Gelände des Guts fuhren,
rief Mia vom Rücksitz: „Äh Mama, ich dachte, wir fahren auf einen Bauernhof?
Das sieht eher aus wie ein Schloss!“. Ein bisschen Recht hatte sie. Gut
Güldenstein war – wie der Name schon sagt – weitläufig und dekadent anmutend.
Schließlich handelt es sich bei dem Anwesen auch um den Hauptsitz des Herzogs
und der Herzogin von Oldenburg. Auf jeden Fall waren wir ziemlich geflasht. Unsere
Unterkunft war eines der zwei Nebengebäude, die direkt am Haupthaus liegen. Das
Haupthaus ist auch heute noch komplett privat bewohnt, wurde uns vor Ort
gesagt. Dass unsere Ferienwohnung der ehemalige Stall war, bemerkte man beim
Betreten nun gar nicht mehr. Wohnräume mit knarrendem Pakett, antikem Mobiliar
und Ölgemälden an den Wänden erwarteten uns. Die Sessel waren mit rotem Samt
bespannt, so dass ich kurz an unseren Aufenthalt auf der Farm in Wales denken
musste. Die Kinder gruselten sich kurz vor all den Ahnen an den Wänden, aber
verwarfen ihren Gedanken, die Nacht im Auto zu verbringen, dann doch schnell
wieder.
Der erste Tag ging also kurzweilig damit herum, dass
wir auf die, nach und nach eintrudelnden, Verwandten warteten, die ihre Zimmer
bezogen und sich dann alle im Teil des Gartens einfanden, der zu unserem
Häuschen gehörte. Wir stießen an, schimpften über den Verkehr, sonnten uns auf den bereitstehenden Liegen und
schnell war klar, dass wir das Gut an diesem Tag wohl nicht mehr verlassen
würden. Wir brauchen nicht viel, um zufrieden zu sein (nur eine standesgemäße
Unterkunft, haha). Gott sei Dank erbarmten sich Gavin, Theresa und Janice zum
Supermarkt zu fahren, um für die ganze Bande Grillfleisch zu holen. So saßen
wir in der Abenddämmerung an einer langen Tafel auf Korbstühlen unter altem
Baumbestand und futterten Gegrilltes und die, von Birgit und Günter gezauberten,
Salate. Ein Bild wie aus einem Rosamunde Pilcher Film! Alle quatschen
durcheinander, reichten sich Schüsseln und stießen mit ihren Getränken an. Verrückt
wie harmonisch es manchmal bei uns zugehen kann.
Auf einem kleinen Verdauungsspaziergang durch den weitläufigen
Park um das Gelände sammelten wir mit den Kindern akribisch Feuerholz, um zu
späterer Stunde eine der Feuerschalen aus dem Schuppen in Gang zu bringen. Das „Feuer
machen“ schafften die Männer sogar. Auch wenn das, was da in der Feuerschale
steckte, kein schönes Buchenholz war, sondern zusammengesammelte Äste, die
wahrscheinlich noch nicht so ganz trocken waren. Den Korb mit Holz neben dem Kamin im Salon
fanden wir leider erst am nächsten Abend. Es rauchte und qualmte, aber irgendwann
kam doch ein schönes Feuer zu Stande, an dem wir uns wärmen konnten. Während
Mia mit Birgit, Theresa und Ingrid Karten spielte, tollte Mads um die Feuerschale
und warf das ein oder andere Ästchen hinein. Auch wenn man immer vorsichtig
sein musste, um keinen der zu langen Äste zu berühren, die mangels einer Säge,
aus der Schale herausragten und das ganze Konstrukt durch eine falsche Bewegung
zum Umkippen hätten bringen können. Je später der Abend und je bierseeliger die
Männer, umso größer wurden auch die „Äste“, die sie uns nach ihren „Wir gehen
mal Holz sammeln“ – Runden durch den Wald mitbrachten. Selbst der Hausherr
hielt mit seinem Jeep kurz verdutzt an, als Jens und Chris wieder einmal
Nachschub herbeischleppten (oder eher schleiften). Ja, also wenn wir eines
sind, dann wohl pragmatisch. Auf jeden Fall sorgten sie für genug
Lagerfeuerromantik und der „Tutschi“ dafür, dass es einigen Familienmitgliedern
am nächsten Morgen nicht so gut ging (Schuld war natürlich das Fleisch…irgendwas
musste da schlecht gewesen sein).
Am zweiten Tag ging es nach einem Frühstück an der
langen Tafel im Garten direkt zum Seelendorfer Strand, der uns auf dem Gut
empfohlen wurde. Es war Pfingsten, also war es natürlich überall extrem voll,
aber an diesem weitläufigen Strand ging es tatsächlich. Wir hatten unser Lager
aus mehreren Picknickdecken aufgeschlagen, Mia und Mads stürmten sofort ins
Wasser, das SUP wurde aufgepumpt und jeder durfte sich einmal daran versuchen,
im Gleichgewicht durch die ersten Wellen zu schippern. Zwischendurch gab es
Snacks und Kaltgetränke an der Strandbar und zu guter Letzt für jeden von uns
einen schönen Sonnenbrand. Denn eines zog sich durch das gesamte Wochenende:
Der Wetterbericht war immer etwas schlechter als das eigentliche Wetter.
Abends hatten wir in der ‚Milchbar‘ in Dahme reserviert
und dort zogen tatsächlich Wolken und Wind auf, so dass wir ganz schön
fröstelten, als wir die Promenade entlang schlenderten. Daher wurde es nach dem Essen ein
Abend im Salon und nicht am Chaoslagerfeuer im Garten. Mia und ich schlenderten
noch einmal mit der Kamera über das Gutsgelände und sahen dabei den
intensivsten Sonnenuntergang, den ich seit Langem erlebt habe. So glühend, wie
mit dem besten Instagram-Filter bearbeitet, zog er sich über den Himmel.
„Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn man denkt, dass
man jetzt noch gut ein paar Tage mit allen dranhängen könnte“, dachte ich an
unserem letzten Morgen. Leider kamen nach uns Gäste und wir mussten das Gut
schon um 10 Uhr verlassen. Daher hatten wir uns entschieden, wieder einmal im Konvoi
aufzubrechen und am Timmendorfer Strand im ‚Café Wichtig‘ ausgiebig zusammen zu
frühstücken, bevor alle wieder in alle Richtungen auseinanderstoben. Morgens
abzureisen wäre allein aufgrund des Verkehrs keine Option gewesen und wir
wollten noch möglichst viel von diesem Wochenende genießen. Eigentlich ist es
schön, wenn man seine Unterkunft nicht direkt in einem der zahlreichen Seebäder
an der Ostsee hat. Das Gut Güldenstein liegt zentral und von vielen Orten am
Meer ca. 15-20 Minuten Autofahrt entfernt. So waren wir in kurzer Zeit doch gut unterwegs und nahmen möglichst viele Eindrücke von diesem Wochenende mit.
Früher war uns die Unterkunft gar nicht so wichtig, wenn wir unterwegs waren. Oft denkt man, dass man dort sowieso nur einen kleinen Teil der Zeit verbringt. Aber das hat sich mittlerweile geändert. Eine besondere Unterkunft macht auch den Aufenthalt zu etwas Besonderem. Das haben wir schon auf den Roadtrips der letzten Jahre gelernt. Und ob es ein Baumhaus oder ein Gutshof ist...das Wichtigste ist natürlich, mit wem man seine Tage verbringt. Und da haben wir mit unserer Chaosfamilie ganz besonderes Glück gehabt.
Wunderschön geschrieben und ..... so war es wirklich;-)
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