Vias Roadtrip, Etappe 5: Dekadent in Macon!


Manchmal bringt so ein Roadtrip auch kleine Planänderungen mit sich. Da es an unserem Abreisetag sehr heiß werden soll, ist uns so gar nicht nach Großstadtleben im Familienhotel in Lyon. Wir beratschlagen uns bei einem Kaffee auf unserer Campingterrasse und ändern die erste Etappe unserer Rückreise von Lyon auf die Kleinstadt Macon um. Das Hotel Panorama 360° hat sogar einen Pool und eine schöne Dachterrasse. Das überzeugt uns bei dem Wetter sofort! Außerdem sieht es aus wie ein kleines Schloss mitten in der Altstadt von Macon. Eine Nacht in einem Schloss gehört eigentlich zu jedem unserer Roadtrips dazu. Und eine Brasserie für das Abendessen, deren Preise und Bewertungen wir für gut befinden, ist auch direkt nebenan. Also ab nach Macon!  


Mit dem Bulli nehmen wir für die letzten Kilometer zwischen Lyon und Macon die Landstraße, wie wir es gern tun, wenn wir etwas mehr Zeit haben. Wir sparen Maut und tuckern durch kleine Dörfchen und Baumalleen. Das hat zufälligerweise zur Folge, dass wir über die Saint Laurent Brücke in die Stadt einfahren mit wahrscheinlich dem schönsten ersten Blick auf Macon. Bunte Häuschen am Flussufer der Sâone, neben denen sich kleine Gassen ins Stadtinnere schlängeln, darüber Türme von Kirchen und wahrscheinlich auch von unserem schlossartigen Hotel. Macon ist ganz und gar nach meinem Geschmack. 
 

Das Hotel ist sehr dekadent und wir fühlen uns kurz fehl am Platz, als wir mit unseren Rucksäcken in die Lobby einziehen. Nach einem Cocktail auf der Dachterrasse mit dem Panoramablick über die Stadt geht es uns direkt besser. Wir fühlen uns nun ebenfalls dekadent, wie wir hier sitzen mit unseren rosa Gin Tonics. Niemand wird uns anmerken, dass wir bis gestern noch gecampt haben. Zufriedenheit stellt sich ein. Nur die Kinder sind etwas angefressen. Wir hatten ihnen einen Pool versprochen, doch der Pool liegt im Spa-Bereich, welcher wiederum 25€ Eintritt pro Person kosten soll. Schade, schade, aber mit uns auf der Dachterrasse bei kühlen Getränken und Waffeln ist es dann doch gar nicht so übel. Highlight sind hier oben die großen Gorillastatuen, die an zwei Türmchen das Dach zieren wie King Kong persönlich. 
 

In der Brasserie d’Academy, nur wenige Meter vom Hotel entfernt, haben wir für das Abendessen einen Tisch reserviert. Auch hier speisen wir wieder hervorragend und liegen wie immer richtig mit dem Menü du Jour. „Das gönnen wir uns heute mal!“ sagen wir erneut im Chor. Der Kellner empfiehlt uns dazu natürlich zielsicher den teuersten Wein der Karte, den wir in alter Manier durch einen uns bekannten und eher Erschwinglichen ersetzen. Fast kommen uns die Dialoge dazu schon vor wie ein einstudiertes Theaterstück. Passend dazu haben wir den langen Tisch in der Mitte des Lokals, so dass man uns von jedem Platz in diesem Theater gut beobachten kann. Die anderen Gäste sind aber auch interessant. Da ist das ältere Snob-Paar, die wir bereits auf der Dachterrasse unseres Hotels gesehen haben und die schon dort mit nichts so richtig zufrieden waren und als Highlight sitzt neben uns ein älteres Ehepaar mit einem kleinen Hund, mit denen wir sogar ins Gespräch kommen. 
 
 
Die Frau sieht aus wie eine alternde, sehr geschminkte Frida Kahlo, trägt ein wallendes Kleid oder eher einen Kaftan, der bunter nicht sein könnte. Der Mann ist unscheinbarer gekleidet, aber immerhin mit Anzughose und Hosenträgern. Dabei haben sie einen kleinen Hund, der wie eine dritte Person am Tisch sitzt und ab und zu den Teller mit etwas Gutem zum Ablecken gereicht bekommt. Zwischendurch bekommt er ein Küsschen von Frauchen. Humor haben sie auf jeden Fall, denn sie lachen mit uns gemeinsam über dieses Spektakel. Verwirrung kommt auf, als die Frau mit Jens ins Gespräch kommt, ihn durch eine Kommunikationslücke für einen Schweden hält und ausgiebig über ihre schwedische Schwiegertochter philosophiert. Der Hund kommt derweil an unseren Tisch, wird von Jassel gekrault und soll sie dafür auf Kommando der Frau mit „Bisous, bisous!“ („Küsschen, Küsschen!“) belohnen, was Jassel charmant umschifft. Mit großen Verabschiedungen in alle Richtungen flattern Frida, ihr Mann und der kleine Hund wie drei bunte Vögelchen aus dem Restaurant heraus. Was für eine Dinnershow! 
 

Die Kinder sind müde und gehen ins Hotel, um zu chillen (oder zum zocken…), aber sollen sie mal. Wir vier Erwachsenen streifen durch die kleinen Gassen und erkunden diese süße, sehr französische Stadt. Auf einem kleinen Platz sitzen Menschen in Bars und Restaurants, andere Ecken sind komplett dunkel und ruhig. Mitten in unserem Streifzug geht die abendliche Beleuchtung an. Die Gassen werden von Laternen mit Mustern beleuchtet, die sich wie helle Verzierungen auf den Häusern wiederfinden. Die Saint Laurent Brücke erstrahlt ebenfalls und spiegelt sich leuchtend im Wasser. Mitten in der Stadt finden wir das Maison de Bois, das älteste Haus in Macon, das 1490 erbaut wurde und das so anmutet, als würde jede Minute eine Disney-Figur die Fensterläden aufstoßen und in die Nacht hinaus singen. In dieser Stadt könnte ich es durchaus noch ein paar Tage aushalten. Genauso wie auf dieser wunderbaren Dachterrasse, auf der wir den Abend bei kühlen Drinks neben King Kong am Türmchen ausklingen lassen.
 

Aber Moment, wie der Zufall es will, besuche ich im September eine meiner Freundinnen aus meiner Studienzeit in Kopenhagen, die mittlerweile zwischen Lyon und Macon lebt. Es wird also mit Sicherheit in sehr kurzer Zeit ein Wiedersehen mit den kleinen Gassen hier geben. Ich freue mich jetzt schon darauf!
 

 

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