'Alles ist zu' - Spontan-Camping in den Niederlanden


Ein paar Tage haben wir nach dem Roadtrip zum Vias Plage am Haus und im Garten gewerkelt, aber ich spüre, wie das Meer nach mir ruft. Ich möchte am Strand sitzen und in die Wellen schauen.

Gut, dass wir den Bulli haben und bei Bedarf einfach losfahren können, wenn uns danach ist. Mia überlegt kurz und ist dann dabei. Eine Mutter-Tochter-Campingtour nach Nord-Holland würde uns gutstehen. „Und vorher shoppen in Amsterdam!“, erklärt Mia begeistert. Na gut, meinetwegen noch kurz Stadttrubel und dann einfach nur am Meer chillen.
 

Wir kommen bei knapp 28 Grad mit dem Bulli in Amsterdam an. Ich habe vorher recherchiert, in welches Parkhaus wir passen. Mit dem VW California fühle ich mich nur wohl, wenn die Einfahrthöhe 2,2m oder mehr beträgt. Das Parkhaus Zentrum Oosterdok bietet sich an, auch wenn sehr zentral in Amsterdam natürlich auch gleichbedeutend mit sehr teuer ist. Aber man kann nicht alles haben. Mia und ich schlendern durch die Fußgängerzone, die uns mit den Menschenmassen erstmal etwas überfordert. Es ist voll, warm und – wir sind in Amsterdam – ziemlich verqualmt. Vor Madame Tussauds steht der leibhaftige Tod und winkt uns schon zu sicher her. Aber Mia hat diesen einen Laden mit dem Namen Meet me there im Kopf, zu dem sie unbedingt will und das ist am Ende sogar unser Glück. Denn Google Maps führt uns in den historischen Canal District mit seinen niedlichen Häuserreihen und Grachten. Wir trinken hausgemachte Limonade in einem kleinen Café. Bzw. ich trinke sie draußen in der Sonne auf einer Bank und wundere mich, wo meine Tochter bleibt, die doch nur kurz auf die Toilette wollte. Als meine Limonade fast leer ist, schaue ich unten im Keller doch mal nach…und befreie mein Kind aus dem kleinen Klo-Kabuff. Sie hatte sich versehentlich in dem Verschlag unter der Treppe eingesperrt und fällt mir erleichtert in die Arme. Wir sitzen draußen lachend auf der Bank bis Mia ihre Limonade auch ausgetrunken und sich von dem kleinen Schock erholt hat. 

 
Auf dem Weg zu den Klamottenladen, den Mia sucht, kommen wir an kleinen Boutiquen vorbei und stöbern hier und dort mal. Hier gefällt es mir schon viel besser als in der ollen Fußgängerzone. Wir shoppen und als wir hungrig sind, ist bei Fabel Friet gerade keine Schlange, also holen wir uns leckere Fritten mit Trüffelmayo und Parmesan. Unglaublich, dass diese Pommesbude durch Social Media so bekannt geworden ist, dass es sogar Absperrbänder wie am Flughafen für die Schlange vor dem Laden und auch einen Security-Mann gibt. Dieser bricht in schallendes Gelächter aus, als ich ihn ganz naiv frage, ob er auch ansteht. „No, I work here!“, lacht er los und ruft in die Bude: „She thought I’m in standing in line, hahaha!“. Ich muss lachen. Was hättet ihr denn gedacht, wenn ein Mann in Warnweste vor euch in der Schlange der Pommesbude steht? Sicherlich nicht, dass er hier als Türsteher die Fans zurückhält. Zack, biste nicht mehr 20 und nicht mehr zum Feiern in Amsterdam, sondern wirst von deiner Tochter in Läden geschleift, die dich offensichtlich überfordern. Wann ist das denn bitte passiert? „Ich bin jetzt auch so eine Mutti geworden, die keine Ahnung hat!“, weine ich innerlich. 
 

Im Klamottenladen, den Mia von TikTok kennt, stehe ich zwischen 14jährigen Mädchen und ihren alternden Vätern. Ungelogen bin ich anscheinend die einzige Mutter hier. Nur gut betuchte Herren besuchen mit ihren kleinen Nesthäkchen diesen Shop. Aber es macht Spaß zu zweit durch die Shops zu ziehen, den Tag so zu verbringen und am Ende total k.o. zum Bulli in das Parkhaus am Hafen zurückzulaufen. 
 

Wir kommen kurz vor Parkschließung (ziemlich genau 10 Minuten davor) auf unserem Campingplatz Roompot Callassande in Groote Keeten an. Das war knapp, denke ich, als ich den Bulli für die Nacht aufbaue. Genauso knapp wie die Reservierung, denn dies war der einzige Campingplatz, auf dem ich so schnell noch einen Platz ergattern konnte. Alles in allem macht er einen ordentlichen Eindruck. Der Weg zum Strand ist über einen Feldweg, durch den kleinen Ort und über die Dünen etwas weiter als erwartet, aber man kann ihn zu Fuß zurücklegen, was für Bulli-Camper von enormer Wichtigkeit ist. Die Sanitäranlagen sind auch okay.
 
Wir pilgern mit kleinem Gepäck zum Strand, um wenigstens noch den Sonnenuntergang zu sehen. Auf dem Strandlaken atme ich tief durch und gucke zu, wie die Sonne im Meer versinkt. Mia liegt neben mir und jammert hungrig. Ich hatte ihr eine weitere Kleinigkeit zu Essen und ein Getränk mit Eiswürfeln in der hiesigen Strandbar versprochen, aber wir sind zu spät angekommen. 
 
 
Zurück auf dem Campingplatz hat auch das dortige Restaurant (wie auch alles auf dem Weg durch den Ort) geschlossen. Der nette Herr am Service Point im Callassande empfiehlt uns den Mini Markt des Campingplatzes. Wir streunen gierig durch die Regale und sammeln Kekse, Chips, Eis und Cashewkerne für den Abend ein. Gut, dass wir in der TikTok-Frittenbude schon etwas „Vernünftiges“ (ha ha) gegessen haben. Eingekuschelt im Bulli mit geöffneter Dachluke und Blick in den Nachthimmel schauen wir in einem Meer aus Snacks noch einen Film und schlummern dann selig ein. 
 
 
Brötchen haben wir in weiser Voraussicht vom Landbäcker zuhause mitgebracht und einen Cappuccino bekomme ich am nächsten Morgen an der Bar im Campingplatz. Wir sind relativ spontan los, darum enthält unser Gepäck nur das Nötigste und alles für ein vernünftiges Frühstück gehört zumindest dazu. Heutiger Plan ist es, einfach nur am Meer zu chillen und wir nehmen diesen Auftrag sehr ernst! ABER der erste Weg wird heute zur Strandbar führen, denn wir haben keine Vorräte für weitere Mahlzeiten im Gepäck. Nach der gestrigen Pleite müssen wir heute sicher sein, dass wir nicht wieder zu spät kommen, um etwas zu Essen zu bekommen. Die Küche hat bis 19 Uhr geöffnet, das sollte passen. 
 
 

Wie schön es ist, die Menschen um uns herum mit ihren Bollerwagen und ihren kleinen Kindern herumtoben zu sehen. Ich bin so träge, dass ich mich freue, dass mein Kind schon so groß ist und im selben Rhythmus mit mir in der Strandmuschel dösen oder im Meer herumtoben möchte. Mittags essen wir Fritten, Frikandel und Koket, wie man das in Holland am Strand eben so macht. Zwischendurch gehe ich allein am Strand spazieren und bin wieder einmal unheimlich früh, dass Mia alt genug ist, um allein in der Strandmuschel zu bleiben. Egal wie viel aufregender manche Dinge mit größeren Kindern für Eltern werden. Es gibt doch auch viele Vorteile, die sich nach und nach ergeben. 
 

Abends bestelle ich in der Strandbar einen Thunfischsalat, Ham-Kaas Toast und panierte Garnelen für uns beide. Wir sind wirklich eine günstige Reisegruppe. Ich lasse mich mit dem Pieper für die Speisen auf einem Sofa mit Blick auf den Strand neben Mia plumpsen und werde fast noch vom Kellner überholt, der den Pieper wortlos wieder vom Tisch nimmt. Irritiert halte ich ihn an, woraufhin er mir sagt, dass meine Zahlung nicht durchgegangen wäre. Kurzer Schockmoment. Ohne Kreditkarte wären wir auf diesem Kurztrip quasi mittellos. Ich zeige ihm die Bestätigung der Zahlung und er zieht verwirrt ab. Dieses Land will anscheinend nicht, dass wir Nahrung zu uns nehmen. Als ich unser Abendessen vom Tresen abhole, entschuldigt er sich nochmal in aller Form bei mir. 
 

Zurück am Strand wartet der Endgegner auf mich. Für den Weg zurück zum Campingplatz muss unsere Wurf-Strandmuschel zusammengefaltet zurück in ihre Hülle. Das Ding weigert sich, wie immer. Bei dem Urlaub in den Niederlanden, als ich sie zum letzten Mal benutzt hatte, klatschte eine holländische Familie lauten Beifall, als ich es nach langem Kampf endlich geschafft hatte. Heute gebe ich auf, bevor wir für großes Aufsehen sorgen. Mia jammert etwas, da sie jetzt den „Walk of Shame“ mit der schlecht zusammengerollten Muschel in Richtung Campingplatz auf sich nehmen muss. „Jeder sieht jetzt, dass wir unfähig sind!“, lache ich und ergänze: „Aber ich trage das Ding ja nicht, haha!“. Am Bulli angekommen widme ich mich dem Ding ganz in Ruhe. Und zack, auf Anhieb habe ich intuitiv den richtigen Dreh heraus und ziehe zufrieden den Reißverschluss der Hülle zu. Anscheinend klappt das nur, wenn niemand zusieht… 
 

Snacks aus dem Mini Markt gibt es heute zum abendlichen Film im Bulli nicht. Dienstag und Mittwoch ist der kleine Laden nur bis 17 Uhr geöffnet. Die restlichen Snacks von gestern müssen für heute reichen. „Wäre das ein Podcast, würde die Folge ‚Alles ist zu‘ heißen, weil hier immer alles geschlossen hat, wenn wir es brauchen!“, sagt Mia und knabbert am letzten, trockenen Brötchen, das wir von zuhause mitgebracht haben. „Wenigstens brauchen wir so mal alles auf, das wir sowieso schon haben!“, kontere ich. 
 

Am nächsten Morgen haben wir den Bulli abgebaut und waren noch kurz eine Runde schwimmen und Rutschen im Schwimmbad unseres Campingplatzes, als wir in der Strandbar Paal 9 im Nachbarort Julianadorp zum Frühstücken einkehren. Ein richtiges Frühstück gibt es hier nicht, also bestellen wir einfach ein Potpourri an Speisen von Fritten mit Trüffelmayo über Poffertjes bis hin zu Ham & Kaas Toast und Joghurt mit Früchten. Die Kellnerin guckt etwas irritiert ob dieser wilden Zusammenstellung, tischt dann aber grinsend auf. Alles, auf das wir genau jetzt Hunger haben, wandert in unsere Mägen, während wir auf das Meer, den Strand und den blauen Himmel schauen.
 
 
Bevor wir uns auf den Rückweg machen, schlendern wir nach dem Essen nochmal zum Wasser und ich drücke mein Kind. Ich bin so froh, dass wir diesen kleinen Spontan-Trip zusammen gemacht haben und Mia pflichtet mir bei.
 
„Hören wir gleich wieder 5 Freunde?“, fragt sie mit liebender Stimme (sie zwingt mich gerade das so zu schrieben). „Na klar“, antworte ich. Insgesamt haben wir auf den Fahrten mit dem Bulli in diesen Tagen 9 Folgen gehört und bei jedem Refrain lauthals mitgesungen. Wie schön, dass es dich gibt, meine Große!

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