Tansania 2022 (2): Wenn man mich fragt, wo's am schönsten war, sag ich: Sansibar

Beneidenswert, wie Mads einfach in Dubai am Flughafen einschläft, auch nicht aufwacht, als wir ihn ins Flugzeug tragen und kurz vor der Landung auf Sansibar die Augen wieder aufschlägt. Er ist topfit - wir hängen alle etwas durch - als wir mit dem Taxi von Stonetown im Süden nach Nungwi im Norden brettern. Für mich ist die erste Fahrt an unserem Zielort immer etwas ganz Besonderes, darum ist bei mir nun an einschlafen überhaupt nicht zu denken. Ich quatsche mit Taxifahrer Hassan über die Orte, die wir passieren, schaue mir die Menschen an, die in der Morgensonne langsam in reges Treiben ausbrechen, und zucke bei dem ein oder anderen waghalsigen Überholmanöver kurz zusammen. Sansibar erinnert mich sofort an Thailand. Natürlich nicht der Menschen wegen, aber die Vegetation, die Fahrzeuge, das Durcheinander und nicht zuletzt die interessante Art Stromkabel an Hauswänden zu verlegen, das alles erinnert mich sehr an meine Zeit als Backpackerin. Jetzt sind wir mit den Kindern unterwegs. Darum gibt es keine spontane Suche nach einer Hütte am Strand für 3€ am Tag der Anreise. Unsere Hütte am Strand ist schon lange gebucht, hat aber auch leider mehr als 3€ gekostet.

 

Das erste Hotel unserer Reise, das Sandies Baobab, gefällt mir bereits, als wir an der Rezeption vorfahren. Ein paar nette Herren begrüßen uns an einer kleinen Bude mit Palm Dach, die nur an der Rückseite mit einer verputzten Wand ausgestattet ist, und reichen uns Hibiskussaft. Genauso hatte ich mir das vorgestellt! Noch entzückter werde ich, als wir schließlich an unserer Hütte ankommen. Da steht sie, nur einen Steinwurf vom Strand entfernt, mit Blick aufs Meer von der Veranda aus. Oft brauche ich ein wenig Zeit, um an einem neuen Ort anzukommen, aber diesmal bin ich direkt mit allen Sinnen da. 
 
Wir essen in unserem Hotelrestaurant direkt am Strand von Nungwi mit Blick über den Strand und das türkisblaue Wasser. Das Restaurant ist, wie die Rezeption, ebenfalls offen und mit Palmblättern gedeckt. Das wiederum erinnert mich an unser Hotel in Bayahibe in der Dominikanischen Republik. Und wie dort, kommen auch hier dann und wann mal kleine Vögel (oder große Krähen) im Sturzflug angeflogen, um sich übrig gebliebene Leckereien von den Tellern zu stibitzen. Gejagt werden sie von einem engagierten Kellner mit Zwille, damit das Spektakel nicht überhandnimmt.


Es gibt Obst und Gemüse in Hülle und Fülle und natürlich das Nationalgericht Ugali, eine Art Mais Kloß mit Soße. Ich stürze mich auf Masala Hühnchen und sogar Mads wird hier nicht verhungern, denn es gibt Nudeln (und Ketchup). Jens und Mia müssen zuerst den Nachtisch begutachten und befinden ihn für gut. 


Die ersten Tage auf Sansibar vergehen wie im Fluge. Ich lese seit Jahren zum ersten Mal wieder in aller Seelenruhe in einer Zeitschrift, Jens spielt am Strand mit ein paar Italienern Fußball, Mia taucht von früh bis spät im Meer (meist sind nur ihre Füße zu sehen) und Mads tobt im Sand hin und her. Abends erleben wir so knallrote Sonnenuntergänge, dass man meinen könnte, die Welt hätte ihren schönsten Instagramfilter herausgeholt. Beim Schnorcheln sehen wir Seeigel, rot-genoppte Seesterne, glitzernde Fische und Korallen direkt vor der Haustür. 


 Nungwi ist ein kleiner Fischerort. Auch heute noch fahren die Fischer jeden Abend in der Dämmerung hinaus aufs Meer. Beim Abendessen im Restaurant am Strand können wir immer die Lichter ihrer Boote in der Dunkelheit erkennen. Manchmal fällt im Ort der Strom aus. Dann haben wir einen noch besseren Blick auf sie und auch auf die Sterne, die dann ganz hell und deutlich über dem Meer zu erkennen sind. Dann ist auch der Mond gut zu erkennen, der hier am Äquator mit waagerechter Sichel aufwartet (statt senkrechter Sichel bei uns). Meist dauert der Stromausfall nur ein paar Minuten, dann ist die Helligkeit und auch das rege Treiben in der Küche zurück.

Wir wollen den Ort natürlich erkunden und machen uns eines schönen Morgens auf. Wir gehen ein Stück am Strand entlang und biegen dann in die Ortschaft ein. Wie überall auf Sansibar sind die Straßen in den kleinen Ortschaften unbefestigt. Wir stapfen also über die rote, ausgewaschene Erde und passieren zunächst noch ein paar kleinere Hotels und sowas dekadentes wie den Nungwi Reitclub. Dahinter kommt der Marktplatz mit kleinen Läden und Cafés, alles noch eher für die Touristen gedacht. Je weiter man die Straße hinunter geht, desto mehr erkennt man, wie die Menschen hier wirklich leben. Kleine gemauerte Hütten mit Wellblechdächern sind es meist. Aus einer Tür wirft eine Frau wütend das Kuscheltier ihres bockigen Kindes hinaus auf die Straße. Als sie mich sieht, lächelt sie entschuldigend. Ich lächle zurück. Egal ob in Europa oder in Afrika, Eltern kennen diese Momente überall auf der Welt. In Nungwi hat jede Familie 7 bis 10 Kinder, hören wir. Da kann man auch schon mal mit Kuscheltieren werfen, wenn es einem zu viel wird! 


Kinder sind ein gutes Stichwort, denn wir gucken uns auch die hiesige Schule an. Der Direktor ist sehr nett und ruft uns direkt in sein Büro. Das ungute Gefühl von früher, wenn man ins Büro des Direktors gerufen wurde, ist nur kurz unser Begleiter. Er erzählt uns viel Wissenswertes über die Schule. Sie ist riesig und geht vom Kindergarten bis zur Sekondari, nach der man auf dem Festland studieren kann, wenn die Eltern die Studiengebühren zahlen können. Da mehr Schüler als Klassenräume vorhanden sind, werden sie in zwei Schichten unterrichtet. Die einen vormittags, die anderen nachmittags. Spannendes Modell! Und als er hört, dass wir aus Deutschland kommen, erzählt er, dass eine deutsche Firma die Wasseraufbereitungsanlage der Schule gesponsort hat. Für einen kurzen Moment sind wir ein bisschen stolz. Dann fährt er fort, dass sie leider oft nicht richtig funktioniert. Okay, Stolz direkt wieder vorbei. Falls die entsprechende Firma das hier liest: Schickt doch mal einen Techniker nach Nungwi! Ist auch keine schlechte Dienstreise. 

Als wir aus dem Büro herauskommen, sind wir wieder die Attraktion des Schulhofes. Die Kinder hier finden uns spannender als wir sie. Vor allem unsere Turnschuhe scheinen auf pure Begeisterung zu stoßen. Und Mads, der mit den meisten größentechnisch gleichauf ist, wird belagert. Irgendwann wird es ihm zu bunt. Er möchte jetzt bitte gehen. Ist ja auch schon schlimm genug in den Ferien eine Schule zu besuchen. 


Wir gehen weiter durch die kleinen Gassen in Richtung Fischmarkt. Hier werden gerade die letzten Fänge der vergangenen Nacht ausgenommen. Es gibt einen kleinen Regenschauer und wir dürfen uns netterweise an einer der Hütten der Fischer unterstellen. In unserer ersten Zeit auf Sansibar regnet es jede Nacht und auch oft morgens. Irgendwie mag ich das. Der Regen hält die Insel grün und saftig. Und uns hat er an diesem Morgen eine willkommene Abkühlung beschert, denn in der Zwischenzeit ist es ziemlich warm geworden auf unserem kleinen Spaziergang. Selbst die Kühe sind an den Strand geflüchtet und stehen dort im Schatten der Bäume.


Nungwi erscheint uns als Westeuropäer sehr ärmlich. Aber uns fällt sofort auf, dass die Menschen irgendwie zufrieden wirken. Und sie sind freundlich. Sie haben immer ein Lächeln auf den Lippen, ob nun im Hotel (wo sie es vielleicht auch müssen) oder auch hier im Ort. 


Besonders fällt mir diese Mentalität auf, als in unserem Hotel eine Hochzeit am Strand gefeiert wird. Ein Teil des Personals hat sich schick gemacht und feiert mit. Sicherlich ist diese Hochzeit Teil ihrer Dienstzeit, aber sie feiern ausgelassen, schäkern miteinander und man sieht, dass sie das nicht nur tun, weil es ihr Job ist. Auch ein paar Schaulustige aus dem Dorf sind gekommen. Das Brautpaar tanzt auf der Klippe unseres Hotels, die Einheimischen tanzen unten am Strand zur Musik. Dahinter planschen im Sonnenuntergang noch immer unsere Kinder im Meer. Sie sind sicherlich auf jedem zweiten Hochzeitsfoto. Als sich dann noch ein Dhow, eines der landestypischen Boote, über das Meer vor die untergehende Sonne schiebt und wir oben auf einem Baumstamm an der Klippe mit einem Weißwein sitzen, ist das fast ein Gefühls-Overkill für mich. Mehr Romantik geht wirklich nicht! Was für ein schöner Abend!

 

Unser Hotel ist übrigens nach den hier wachsenden Baobab Trees benannt. Wir kennen sie als Affenbrotbäume. Im Garten unseres Hotels stehen mehrere und einer von ihnen ist bereits 990 Jahre alt. Ein Mitarbeiter des Hotels scherzt, wir müssen in 10 Jahren wiederkommen, dann können wir die 1000 feiern. Der Baum ist ein riesiger Koloss. Wir machen ein paar Fotos mit ihm und stellen fest, dass man uns kleine Würmchen vor dem breiten Stamm kaum erkennt. Faszinierend, was man hier sogar noch auf dem Hotelgelände entdecken kann. 

 

Am Strand von Nungwi kann man bei Ebbe kilometerweit spazieren gehen, während man abends, wenn die Flut kommt, nur noch kleine Buchten ohne Verbindung sieht. Wären nur Jens und ich in diesem Urlaub, hätten wir bestimmt jeden Tag, den wir nicht auf der Insel unterwegs sind, eine kleine Strandwanderung gemacht. Unsere Kinder sind von der Idee eher mäßig begeistert, lassen sich aber dennoch darauf ein, zumindest einmal gen Norden in Richtung Leuchtturm zu laufen. Mias Laune erhellt sich, als sie Fotos machen darf, Mads hingegen tritt kurz vor dem Ziel in einen toten Seeigel und muss fortan getragen werden. Aber das Schöne ist, dass wir uns hier mittlerweile so sicher und geborgen fühlen, dass die Kinder auch mal eine halbe Stunde allein am Hotelstrand bleiben dürfen und wir immerhin kleine Runden zu zweit drehen können. 



Als grandiosen Familienspaß denke ich mir eines Tages aus, dass wir die Strecke doch einfach mit dem Kajak fahren können. An unserem Hotel kann man zumindest eines ausleihen, also springen die Kinder mit auf und wir machen uns geschmeidig mit ein paar Paddelzügen an der Küste auf gen Norden. Okay, ganz so ist entspannt es dann doch nicht mit uns. Leider passt die Koordination meines Paddels nun gar nicht mit dem Paddel der Kinder überein. Während Mads paddelt wie ein Weltmeister, nur leider immer im Kreis, bekomme ich mehrmals das Paddel an den Kopf als Mia einen Versuch startet. Mit familiären sportlichen Betätigungen haben wir ja schon im Urlaub in der Normandie so unsere Erfahrungen gemacht. Nach ein paar Minuten haben die Kinder keine Lust mehr und werden von Jens abgelöst. Und nun kommen wir immerhin bis zur Spitze der Insel, auch wenn wir nicht so hundertprozentig synchron werden und uns aus diesem Grund ein paar Mal kurz in die Flicken bekommen.

 

Natürlich haben wir auch jede Menge Abenteuer außerhalb von Nungwi auf der schönen Insel Sansibar und auch auf dem Festland Tansanias erlebt, aber dazu mehr in den nächsten Blogposts!

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Weser-Hochwasser zu Weihnachten

10 Tipps für ein Junggesellinnenabschieds - Mädels - Wochenende

Das schöne Weserbergland: Top Ausflugstipps für den besonderen Herbst 2020