Paris, baby!

Paris, schon aus dem Flieger eindeutig zu erkennen. Wieder ist ein Jahr herum seit unserer letzten CPH Reuion in Wien. Das Kribbeln im Bauch zeigt mir, wie sehr ich mich freue endlich zu landen und die anderen zu sehen und wie sehr ich es seit Januar vermisst habe, nicht unterwegs zu sein. Wenn ich reise, überkommt mich immer das Gefühl, dass die Welt zwar klein ist, es aber noch soviele Orte gibt, die ich sehen oder wieder sehen will. Reisen ist damit eigentlich besser als jede Therapie. Gerade wenn man erlebt hat, wie schnell so ein zartes Leben ein Ende finden kann, ist es wichtig zu sehen was noch alles auf einen wartet. Jeden Depressiven müsste man eigentlich lieber in ein Flugzeug setzen als auf die berühmt berüchtigte Couch zu legen. Aber vielleicht verstehe ich davon auch nicht genug...

Beim Aussteigen bemerke ich türkise Flecken an meiner strahlendweißen Bluse. Erschrocken begutachte ich meinen türkisen Nagellack, der vor meiner Abreise noch nicht ganz getrocknet war. Mhm, bombenfest und keine Spur verschmiert. Des Rätsels Lösung: ein Kind hatte anscheinend türkises Kaugummi an meinen Gurt geschmiert. Von innen...na danke, denke ich. Allerdings sorgt der Fleck später, als mich Alka, nach einer überschwänglichen Begrüßung am Flughafen, über die Pariser Autobahn stadteinwärts fährt, noch für Aufregung. "So kann ich mich ja nicht in einer Weltstadt blicken lassen", sage ich zu Alka und versuche mich so schnell wie möglich, zur Freude der anderen Autofahrer, auf dem Beifahrersitz umzuziehen. "Hoffentlich werden wir nicht geblitzt!" meint Alka und wir müssen lachen. Wie schnell doch nach all dieser Zeit immer alles wieder so ist, als wären wir nie getrennt gewesen, denke ich, als ich endlich wieder vollständig bekleidet bin (Gott sei dank, denn wir haben längst Montmartre erreicht). 

Alka hat sich für heute Sightseeing mit mir vorgenommen bis die anderen am Abend zu uns stoßen. Sie ist gerade von einem Jahr in Indien zurück in Paris und erklärt mir, dass sie ihre eigentliche Heimat jetzt schon wieder vermisst. "Paris ist viel gefährlicher als Mumbai, Ines!", sagt sie und ich sehe sie, nach allem was ich in letzter Zeit in der Presse gehört habe, ungläubig an. "Halt bloß deine Tasche fest! In Montmartre sind viele Touristen und damit auch viele Taschendiebe! Und lass dich nicht anquatschen!". "Mannmannmann", denke ich. So "gefährlich" hatte ich Paris nun nicht in Erinnerung. Und dann fällt mir auf, dass ich das erste mal ca. 1989 und das letzte mal 1997 in der Stadt war. 1997??? Nochmal nachrechnen...tatsächlich! Vor 16 Jahren mit dem Schüleraustausch. Gott, bin ich alt...

Wie befohlen kralle ich meine Tasche an meiner Schulter fest und bin auf der Hut vor den tausenden von Taschendieben. "Und lass dich nicht von irgendwelchen Typen anquatschen!", ermahnt mich Alka streng. Ich bin etwas irritiert, da sie mich ja eigentlich kennt und ich mich eher selten "anquatschen" lasse. Und zack, da ist es auch schon passiert. Auf dem Weg zu einem kleinen Restaurant in der Nähe der Sacré-Coeur, Alka ist schon ein paar Meter vor mir, stehen plötzlich 6 Afrikaner vor mir und versperren mir den Weg. Freundlich reden sie auf mich ein, dass ich ihnen doch bitte meinen Finger geben soll, sie würden dann etwas "ganz Tolles" damit machen. Ich möchte eher nicht, dass auch nur einer davon irgendetwas mit meinem Finger macht und versuche schnell zu entkommen. "No, no, no...merci, no!"...doch egal, in welche Richtung ich entwischen will, immer stehen sie plötzlich wieder mit ihren Schnüren vor mir. Alka hat inzwischen bemerkt, dass ich abhanden gekommen bin und dreht sich zu mir um: "Ines?". Alle gucken in ihre Richtung und ich nutze die Gunst der Stunde schnell aus dem Pulk zu verschwinden. Alka muss lachen und erklärt mir, dass die Typen ein Bändchen an deinem Finger festmachen und dann daraus in Windeseile ein Armbändchen knüpfen, dass dir angeblich Glück bringt. Einige Touristen fallen darauf rein und es ist natürlich klar, dass das Armbändchen am Ende nicht umsonst ist. 

Wir biegen auf dem Weg zur Sacré-Coeur irgendwo rechts ab und suchen ein kleines Restaurant, das am Nachmittag noch warme Küche hat. Uns beiden knurrt der Magen und es ist schon 15h! Alka fragt auf dem Weg zum Restaurant einen Mann nach dem Weg, der uns etwas hinterher ruft, als wir gehen. "Er sagt, du bist sehr schön!", sagt Alka und ich muss trotz der plumpen Anmache grinsen. An der Ecke Rue Paul Albert und Rue Maurice Utrillo finden wir ein kleines Café, in dem wir uns niederlassen und aus dem wir die nächsten Stunden nicht mehr heraus kommen sollen. Es gibt soviel zu erzählen. Was ist im letzten Jahr alles passiert? Weißt du noch damals in Kopenhagen? Was ist aus den ganzen Leuten geworden? Wen hat man zwischendurch mal irgendwo gesehen? Nach dem Essen legen wir uns in zwei Sonnenstühle vor dem Café und beobachten die Leute. Ich wundere mich, dass so gut wie keine Touristen hierher kommen, aber Alka meint, dass die Touristen eher selten mal rechts oder links den Berg hinunter gehen. 

Nach dem Essen kommt natürlich ein weiterer Punkt auf dem Pflichtprogramm: der Eiffelturm! Da die Schlange gerade gar nicht so lang ist, stellten wir uns schnell an. 1997 war ich noch zu Fuß hinauf geklettert, aber mit dem Alter nimmt man doch lieber den Fahrstuhl. Außerdem sind über 30°C und es ist fast unerträglich schwül, so dass man es selbst im Fahrstuhl kaum aushalten kann. Aber oben angekommen, werden wir von dem schönen Blick über Paris entschädigt. Es ist wirklich schön wieder hier zu sein. Irgendwo haben Nina und ich uns 1997 mit Edding am Eiffelturm verewig, aber wer weiß heute noch wo. 

Als ich das letzte mal hier war leuchtete am Eiffelturm der Countdown zum Jahr 2000 in Tagen. Heute "funktelt" er zu jeder vollen Stunde, sobald es dunkel ist. Als es dunkel ist, treffen wir uns auch mit Kristel, die nach Feierabend hier ankommen soll, und wir beschließen auf der Wiese vor dem Turm ein kleines Picknick zu machen.

Wir lassen uns von ein paar Typen fotografieren und lächeln in die Kamera. Als wir uns wieder Richtung Eiffelturm umdrehen muss ich laut lachen. Den ganzen Tag habe ich meine Tasche auf Alkas Warnungen hin an mir festgeklammert und nun haben wir uns alle drei für das Foto umgedreht und unseren ganzen Kram hinter uns auf einem Haufen liegen gelassen. Sehr clever...

Spät abends sind wir endlich wieder fast komplett! Wir holen Barbara vom Flughafen ab und in Anbetracht weniger Alternativen nachts um 0h essen wir bei McDonald's, bevor wir uns bei Kristel häuslich nieder lassen.. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ihr Vater extra sein Zimmer für mich geräumt hat und unten auf einer Couch schläft, bin dann aber unheimlich froh, endlich im Bett zu liegen!

Am zweiten Tag ist auch Sophie wieder mit von der Partie und wir ziehen für die nächste Nacht in die Wohnung ihres Bruders um, der direkt im Zentrum wohnt. Coole Wohnung, muss ich sagen, doch als mir der monatliche Mietpreis gesagt wird, wird mir schlecht. 

Unser morgendlicher Brunch dauert Stunden und das ist auch gut so! Zu den Themen, die Alka und ich gestern beim Mittagessen diskutiert haben, kommt noch eine ganze Reihe hinzu. Wir plappern und plappern und plötzlich ist schon wieder Nachmittag! Alka, Kristel, Sophie, Barbara und ich beschließen unsere dicken Bäuche erst einmal vom Café "La salle à manger" zum Bootsanleger zu schleppen, um uns gemütlich über die Seine schippern zu lassen. 

Wie am ersten Tag mit Alka fällt mir auch mit meinen anderen Freundinnen auf, dass wir zwar lange getrennt waren, aber es nach einer kurzen "Aufwärmphase" immer wieder so ist wie damals in Kopenhagen. Man merkt es auch sehr an unseren Abschieden. Während wir uns in Kopenhagen beim Abschied noch weinend in den Armen lagen, weil wir nicht wussten, ob wir uns jemals wieder sehen werden, so umarmen wir uns nun kurz am Flughafen, weil wir wissen: Nächstes Jahr sehen wir uns spätestens wieder! 

Natürlich aber konnten wir Paris nicht verlassen ohne abends in einer echten Creperie gegessen zu haben. Einen deftigen Crepes habe ich noch nie gegessen, also war ich ganz gespannt. Und ich muss sagen: Es hat sich gelohnt! 


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