WTF - Welcome to Finland
Auch wenn es mich auf einer Dienstreise kurz in fremde Länder oder Städte verschlägt, möchte ich doch das Meiste aus der wenigen Freizeit herausholen. So war es auch kürzlich, als ich ein paar Vorträge auf einer Konferenz in Helsinki halten musste. Ich war schon einmal in der Stadt. Allerdings war ich kurz geschockt, als mir einfiel, wann das war und wie lange diese Reise dementsprechend her ist: nämlich stolze 15 Jahre! Mein Trip durch Skandinavien, das Baltikum und Russland fand im Jahr 2007 statt. Dem Jahr, in dem auch dieser Blog entstanden ist. Ich fühle mich damit alt und zeitgleich wie ein Blogger-Pionier, haha.
Wie gesagt, hatte ich diesmal nicht so viel Zeit, da ich beruflich in meinen drei Tagen in Finnland sehr eingespannt war. Begrüßt wurden wir von unseren Gastgebern mit den Buchstaben "WTF"...der finnische Kollege lachte sich ins Fäustchen, als er uns fragte, was das wohl bedeutet und dann aufdeckte, dass damit NATÜRLICH "Welcome to Finland" gemeint war. Eine bessere Begrüßung geht ja auch gar nicht :).
Die Stadt erkundet habe ich, als ich mal einen Moment zum Luft schnappen hatte. Erstes Ziel war natürlich der Dom zu Helsinki, der prägnant über der Stadt tront und nicht allzu weit von meinem Hotel entfernt war. Sein Bau dauerte tatsächlich 30 Jahre...von 1820 bis 1850 wurde an ihm gearbeitet. Damit ist er auch noch erstaunlich neu. Vor dem Dom stand ich auch vor 15 Jahren schon und ich musste kurz darüber nachdenken, wie sich mein Leben seit damals verändert hat. Damals hab ich noch studiert, an Kinder war noch nicht zu denken, aber ich hatte dasselbe Ziel wie heute: Möglichst viel von der Welt sehen!
Was mich erstaunte war zudem, dass es in Helsinki unheimlich viele Designläden gibt. In vielen kleinen Shops wird skandinavisches Design angeboten. Ich streife gern durch solche Läden und schaue, was es so fernab der Heimat gibt. Meist finde ich natürlich auch das ein oder andere Souvenir.
Helsinki liegt direkt am Meer und zieht sich in kleinen Buchten an der Küste entlang. Im Hafen fand ein kleiner Markt statt, auf dem man Spezialitäten wie Elchbratwurst zu sich nehmen oder Felle kaufen konnte. Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, kann das Riesenrad nutzen und einmal über dem Hafen schweben. Meine Kollegen und ich machten hingegen abends eine Bootsfahrt durch die Buchten von Helsinki. Als ich das letzte Mal dort war, war es noch Winter und dicke Eisschollen schwammen im Meer. Diesmal war es wärmer, fing aber leider zwischendurch immer wieder an zu regnen. Unsere Gastgeber informierten uns, dass am selben Abend ein Meeting in Helsinki stattfand, in dem über den NATO-Beitritt Finnlands debattiert werden sollte. Finnland hat mit 7.000km die längste europäische Grenze zu Russland. Eigentlich wollten die Finnen immer neutral bleiben, aber natürlich machten auch sie sich aufgrund der aktuellen Lage so ihre Gedanken um ihre eigene Sicherheit. Mit dem Boot passierten wir die zahlreichen kleinen Inseln, die direkt vor der Küste und in den Buchten liegen. Auf diesen Mini-Inseln stehen zum Teil kleine, rote Bullerbü-Häuschen, so dass sie den Eindruck machen, privat bewohnt zu sein. Wirklich idyllisch! Wie wäre es wohl, auf so einer kleinen Insel wohnen zu können?
Wir fuhren auch an der Festung Suomenlinna vorbei, die ich beim nächsten Trip nach Helsinki unbedingt besuchen möchte. Sie ist im 18. Jahrhundert errichtet worden und wurde bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts noch militärisch genutzt. Der Name Suomenlinna bedeutet übersetzt "Finnenburg". Bisher bin ich nur einmal mit der Fähre und nun einmal mit dem Boot vorbei gefahren. Ein Wochenendtrip in die Stadt wäre schön, da ich auch gern einfach in Cafés sitze und Menschen beobachte. Das ist eigentlich auf jeder Reise Pflicht. Das Ende unserer Bootstour am Abend war ein Restaurant auf einem kleinen Inselchen, dessen Stil mich an die amerikanischen Hamptons erinnerte. Dort bekamen wir ein 4-Gänge-Menü mit finnischen Spezialitäten, die wirklich sehr lecker waren. Obwohl ich mir zuvor zum Beispiel unter "Schwarzwurzelsuppe" nicht unbedingt eine Delikatesse vorgestellt hatte. Der Sonnenuntergang in der Bucht war unglaublich. Das Riesenrad und die "Skyline" von Helsinki wurden in tiefes Rot getaucht und meine Zeit in dieser schönen Stadt endete damit langsam.
Am nächsten Tag sollten mich auf dem Rückflug allerdings noch ein paar Abenteuer erwarten. Aktuell nach Helsinki zu kommen, ist aufgrund der Coronazeit noch etwas kompliziert. Auf dem Hinflug mussten wir erst von Hannover nach München und dann wieder gen Norden fliegen. Für den Rückflug hatte ich mir einen der ersten Flüge der Saison über meine liebste Stadt Kopenhagen buchen lassen. Erst war ich erfreut, dass ich dort nur 40 Minuten Aufenthalt haben sollte, dann aber wurde genau dies mir zum Verhängnis. Mein Flug von Helsinki nach Kopenhagen hatte Verspätung und der Flieger nach Hannover hob ungefähr 5 Minuten vor meiner Ankunft im Terminal ab. Gestrandet in Kopenhagen.
Generell gibt es ja Schlimmeres. Aber ich war k.o. von langen Arbeitstagen und wollte nun unbedingt zu meiner Familie. Die einzige Möglichkeit, mein Zuhause noch am selben Abend (oder eher in der Nacht) zu erreichen, war wieder über München nach Hannover zu fliegen. Statt 18:20 Uhr sollte meine Ankunftszeit nun 23:00 Uhr betragen. Dafür gab es von der Fluggesellschaft einen Gutschein über stolze 75 dänische Kronen, damit "ich mir etwas zu Essen kaufen könne". Ich lachte kurz auf, denn mein Studium in Kopenhagen ist zwar schon einige Zeit her, aber mir war doch bewusst, dass das gerade mal für ein Bier reichen würde. Ich entschied mich für Chips, Schokolade und Schorle und richtete mir ein kleines Lager auf dem Boden vor meinem Gate (und in der Nähe einer Steckdose) ein.
Ironischerweise hatte dann auch noch mein Flug nach München soviel Verspätung, dass ich ein paar Stunden später am Münchener Flughafen nach meinem Sprint von Gate zu Gate keuchend in einen der Sessel im Wartebereich fiel und froh war, dass ich den Flieger nach Hannover noch bekommen würde. Aber dann lag am Ende meiner Wartebank plötzlich ein herrenloses Gepäckstück, dass sowohl das Bodenpersonal und auch die Bundespolizei erstmal in Atem halten sollte. Mein Flug verzögerte sich dadurch und in der Menge der Wartenden kam leichte Unruhe auf. Unglaublich, dass ich einige Zeit später endlich im Flieger gen Heimat saß. Und noch unglaublicher, dass tatsächlich auch mein Koffer mit mir gemeinsam nach dieser Zickzacktour mit mehreren Flügen schließlich über das Laufband am Flughafen Hannover auf mich zu zuckelte. Als ich mit dem Auto auf der A2 meine letzte Etappe Richtung Weserbergland fuhr, überraschte mich kaum noch, dass nun auch noch die Warnung zu einem Falschfahrer auf der Autobahn bei Lauenau immer wieder Alarm schlug. Nach diesem Chaostrip war ich einfach nur froh, dass ich nicht der Falschfahrer war ("Die warnen vor EINEM Falschfahrer, aber hier sind ja Hunderte!")...
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