Bulli-Tour-Normandie (3): Schloßgarten-Camping in Frankreich

Wenn wir reisen, machen wir oft die Route des Navis aus und suchen uns unsere eigene Routen einfach auf der digitalen Karte. Am liebsten natürlich direkt am Meer entlang. Wir fanden die französische Küstenstraße D940, auf die wir von Blankenberge Richtung St.-Valery-sur-Somme einen Abstecher machten. Ich liebe solche Touren, auf denen man hier und dort mal anhält, an einem fremden Strand entlang läuft oder irgendwo nett einkehrt. Nach dem Motto der Weg ist das Ziel. 
 
 
In Sagnatte hielten wir spontan und liefen bei bedecktem Wetter und leichtem Nebel am langen, einsamen Strand entlang. Neben den symmetrisch angeordneten Pfählen im Wasser fielen uns sofort die ersten Bunker an der Steilküste auf. Sofort wird man mit der eigenen, deutschen Geschichte konkrontiert. Das sollte auch während der gesamten weiteren Fahrt so bleiben. 
 
 
Am Cap Blanc Nez gibt es ein neben einem Aussichtspunkt auch viele Informationen zum ersten und zum zweiten Weltkrieg. Hier steht auch ein Obelisk, der an die "Dover Patrol" im ersten Weltkrieg erinnern soll. Rings um Sagnatte und das Cap Blanc Nez findet man zahlreiche Bunker der Nationalsozialisten. Es ist einfach erschreckend, wie umfangreich die Küste der Normandie mit Bunkeranlagen des Deutschen Reiches bestückt ist. Ein mulmiges Gefühl dort als Deutscher entlang zu gehen, vor allem an einem so mystisch nebligem Tag wie diesem. Mimi sah uns an und sagte nur: "Ich fühle mich schlecht, dabei kann ich doch für diese Kriege gar nichts!" und wir antworteten: "Nein, kannst du auch nicht. Aber du kannst dafür sorgen, dass so etwas in deiner Generation nicht noch einmal passiert.".
 

Auch am zweiten Kap, dem Cap Griz-Nez, gibt es viele Informationen zu den Weltkriegen an kleinen Wegen, die ebenfalls um einen Obelisk führen. Hier gibt es auch einen Leuchtturm, dessen Geschichte ebenfalls auf Schautafeln erläutert wird. Auch wirklich spannend zu lesen, wie einst 5 Leuchtturmwärter dort in Hütten wohnten und sich in Schichten um das Licht im Turm kümmerten. 1986 wurde der Mechanismus schließlich automatisiert und der Beruf des Leuchtturmwärters starb hier aus. Der Leuchtturm steht heute unter Denkmalschutz. An klaren Tagen kann man vom Cap Griz-Nez bis zum nur 33km entfernten Britischen Festland schauen. Es ist der Punkt, an dem der Ärmelkanal zwischen Frankreich und Großbritannien am schmalsten ist.
 
 
Schließlich bekamen wir Hunger und hielten Ausschau nach einem netten Restaurant an der Strecke. In Audighen fanden wir die kleine Brasserie "Le Vent du Nord". Das erste Mal auf der Reise konnte ich meine krepeligen Französischkenntnisse einsetzen. Wir hatten eine unheimlich nette Kellnerin, die sich sehr viel Zeit nahm und mir mit Händen und Füßen half, wenn ich eine Vokabel nicht wusste. Wir schafften es mit ihrer Hilfe Wein und Mittagessen zu bestellen und hatten ein wirklich perfektes Menü mit Nachtisch. Kulinarisch ging es in Frankreich schon einmal gut los.
 
 
 
Wir hielten noch an einigen Aussichtspunkten und genossen die Ausblicke bei mehr und mehr aufklarendem Wetter. Bei Bologne-sur-Mer entschieden wir uns den Rest der Strecke bis nach St.Valery-sur-Somme über die Autobahn zu fahren und erreichten unser Tagesziel gegen Abend. 
 

In einem alten Schlosspark campt man auch nicht alle Tage, dachten wir uns, als wir am Chateau de Drancourt mit unserem Bulli vorfuhren. Durch ein Eisentor kam man in den riesigen Vorhof des Schlosses und es erzeugte sofort das Gefühl, dass man jetzt in einem 5 Sterne Hotel einchecken würde. Unser Stellplatz lag in einer Nische zwischen hohen Hecken, so dass wir uns gleich wohl fühlten.
 
 
Am nächsten Tag waren wir mal nicht mit dem Bulli sondern mit vier gemieteten Fahrrädern unterwegs. St.Valery-sur-Somme war ein paar Kilometer entfernt, zu weit zum Laufen. Den Bulli wollten wir aber auch nicht noch einmal umbauen. Wir fuhren mit unseren Rädern durch die Landschaft und an der Somme entlang bis zu ihrer Mündung ins Meer. An der Promenade nahmen wir Crepes und Kaffee zu uns und liefen noch einmal entspannt auf und ab. Die Bestellung von Kaffee stellte sich in Frankreich übrigens schwieriger heraus, als gedacht. Zunächst hatten wir Café bestellt und bekamen Espresso. An der Promenade bestellten wir daher Grand Café und bekamen...einen doppelten Espresso. Daraufhin konsultierte ich meine CPH-Girls, die ja zum Großteil aus Frankreich kommen, per Whatsapp. Sophie lachte sich kaputt und meinte, dass Café in Frankreich generell Espresso ist und wir am ehesten mit einem Café Allonge zufrieden sein würden. Also gleich gemerkt für die nächste Bestellung!

 
Am Ende der Promenade gibt es einen schönen Spielplatz, an dem die Kinder sich austobten, bevor wir den Rückweg antraten. Es war mittlerweile richtig heiß und sonnig geworden, so dass wir den Rest des Tages am Pool unseres Campingplatzes verbrachten. Dieser hatte eine breite Rutsche, auf der wir alle nebeneinander rutschen konnten. Das allein sorgte schon für einen tollen Abend!
 
 
 
Für die abendliche Fahrradtour zurück nach St.Vallery-sur-Somme tauschten wir Mads Fahrrad vorsichtshalber gegen einen Kindersitz. Zwar war man nur auf kleinen Landstraßen unterwegs, aber so richtig sicher hätten wir uns mit ihm auf dem Rad in der Dämmerung nicht gefühlt. Also genoss er es, nach langer Zeit mal wieder, chauffiert zu werden. Zum Abendessen in einer kleinen Gasse des Örtchens gab es für Jens und mich jeweils einen großen Topf Miesmuscheln mit Pommes. Man denkt ja immer, dass man sich daran hungrig isst. Aber wir waren pappsatt, als wir uns auf den Weg zurück zu unserem kleinen Nachtlager am Schlösschen machten. 
 

Morgen erwartete uns eine neue Tour und ein neuer Ort an der Küste der Normandie...

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Weser-Hochwasser zu Weihnachten

Das Schärfste zwischen Lübbenau und Burg - Die Chaosfamilie im Spreewald

HO17...oder "Die Welt zu Gast in Hessisch Oldendorf"