#CoronaFernweh - Ein Rückblick auf unseren Roadtip durch Australien 2009

Unsere ganze Generation ist gerade in ihrer Umtriebigkeit und Reisefreudigkeit angehalten worden. Hatten wir Anfang des Jahres doch nur die Gedanken: „Wohin reisen wir dieses Jahr? Was haben wir von der Welt noch nicht gesehen? Welche Abenteuer können wir 2020 erleben?“, konzentriert sich unser Kosmos plötzlich auf den Ort, in dem wir wohnen und nicht mehr auf das weit entfernte Reiseziel, von dem wir träumen. Aber ist das per se etwas Schlechtes? 


Das Virus an sich ist furchtbar. Das ist natürlich keine Frage! Es ist eine globale Katastrophe, in der wir uns gerade befinden. Menschen sind krank, in anderen Ländern wurden sie zuhauf durch COVID19 getötet. Meine Freundin in Italien berichtet von Militärtransporten, die in Lastern Coronatote aus den Städten fahren. Grauenhafte Vorstellung für uns, in unserer behüteten Welt! Die komplette europäische Wirtschaft ist zum Erliegen gekommen. Freunde um uns herum bangen um ihre Jobs, kommen langsam in finanzielle Schwierigkeiten. All das ist mir bewusst und ich will die Gesamtsituation sicherlich nicht als etwas Gutes darstellen. 

Aber all das sorgt dafür, dass sich meine Generation gerade wieder mehr mit sich selbst befasst. Man denkt mehr nach, ist dankbarer für das, was man hat, ist weniger getrieben, hat keine Angst mehr etwas zu verpassen. Es ist eine Zeit, in der wir als Familie wieder mehr zusammen finden. 

 

Und es ist eine Zeit, um einmal Bilanz zu ziehen. Für mich als Reisebloggerin bedeutet das, zurückzublicken und die schönen Reisen, die ich in der Vergangenheit erleben durfte, Revue passieren zu lassen. Wertzuschätzen, was ich alles bis jetzt erleben durfte. Wie unbekümmert ich erwachsen werden konnte. Heute möchte ich mit euch auf einen virtuellen Roadtrip durch Australien gehen:


Nachdem ich 2009 für drei Monate in Sydney gearbeitet hatte, wollte ich mit Jens einen Monat lang das Land erkundigen. Wir hatten vor, mit einem Camper von Sydney bis hoch zum Cape Tribulation fahren und in dieser Zeit 3.800km mit einem Caddy Camper zurücklegen. 

Als Jens in Sydney landete, erkannte er seinen Koffer sofort. Da er am Flughafen in Hannover arbeitet, hatten sich seine Kollegen einen Spaß erlaubt und ihm eine blinkende Baulampe und diverse Verzurrbretter an seinen Koffer gebunden. Dieses „Zusatzgepäcks“ hatte er sich bereits entledigt, als ich am Flughafen eintraf und ihn endlich, nach drei langen Monaten, wieder in den Arm nehmen konnte. 


Wir verbrachten noch ein paar Tage in Sydney. Ich musste tagsüber noch arbeiten und Jens schaute sich im Alleingang die Gegend an. Er war begeistert von den unheimlich freundlichen Menschen in Sydney. Sobald er auch nur ein paar Minuten mit der Stadtkarte an einer Straßenecke stand, kamen sie und erklärten ihm und seinem mäßigem Englisch mit Händen und Füßen den Weg. Nach Feierabend zeigte ich ihm dann meine Sicht auf die Stadt. Wir gingen mit meinen neuen Freunden, Sophie und Kay, auf ein Konzert der australischen Band Eskimo Joe und genossen die Abende bei Steak und Bier in der Stadt.


Meine Kollegen belächelten etwas, dass wir uns einen Caddy Camper für diese lange Reise mieteten. „In Australien fährt man damit vielleicht ein Wochenende auf ein Festival, aber doch nicht einen Monat durch’s Land!“, lachte mein Kollege Adrian und meinte, wir würden uns irgendwann aufgrund der Enge sicherlich in die Flicken bekommen. Aber das ließ uns nicht von unserem Plan abweichen. 


Bis unter das Dach beladen fuhren wir schließlich Anfang August vom „winterlichen“ Sydney („nur“ 23 Grad und herrlicher Sonnenschein) los in den tropischen Norden. In Port Macquarie, unserem ersten Stopp, lernten wir, wie einfach es doch war, abends sein Nachtlager aufzubauen. Man muss beim Caddy Camper lediglich alle Sitze nach vorn klappen und dann die im Kofferraum zusammengeklappte Matratze ausbreiten. Noch schnell die Vorhänge in die Fenster gehängt und schon fielen wir müde in unser Bett. 

 
Bei Coffs Harbour liefen wir durch den Solitary Islands Marine Park, in dem wir auf Felsen am Meer einen Mittagssnack zu uns nahmen. Jens war peinlich berührt, als ich nach unserer kleinen Wandertour mitten in der Stadt plötzlich eine Vollbremsung hinlegte, weil ich die „große Banane“ gesehen hatte. Sophie und Kay hatten mir davon erzählt, dass es in Australien in vielen Städten große Statuen von schnöden Alltagsgegenständen, Tieren oder eben wie hier Obst gab. Sie hatten es sich auf ihrem Roadtrip durch das Land zur Aufgabe gemacht, möglichst viele, dieser „Big Things“ zu Gesicht zu bekommen. Jens schüttelte also den Kopf, als ich aus dem Auto sprang, um eine große Banane zu fotografieren, aber amüsierte sich dann darüber.


Auf dem Weg von Coffs Harbour nach Ballina leitete unser Navi uns plötzlich ungewollt über eine Dirt Road. Ich (Angsthase!) war sofort in leichter Panik, da in unseren Mietwagenbedingungen stand, dass wir nur auf befestigten Straßen fahren durften. Jens hatte also nun in kurzer Zeit zum zweiten Mal einen Grund sich leicht über mich lustig zu machen. Aber manchmal sind ja Fehler, die so einfach passieren, auch für etwas gut. In der Dämmerung tummelten sich plötzlich um uns herum unzählige Kängurus mit ihren Joeys im Beutel. Ein unbeschreiblicher Moment! So viele Kängurus hatte ich in meiner gesamten Zeit nicht auf einem Haufen in freier Wildbahn gesehen. Wir hielten inne und vergaßen fast, dass wir schnellstmöglich weiter fahren sollten, denn die Dunkelheit brach schon über uns herein. 

  
Auf einem Campingplatz irgendwo im Nirgendwo, den wir schließlich erreicht hatten, schlugen wir unser Nachlager auf. Beim Frühstück am nächsten Morgen kamen wir mit einem älteren Ehepaar ins Gespräch, das mit einem riesigen Wohnmobil neben unserem kleinen Caddy stand. „Ihr Europäer fahrt in euren jungen Jahren durch Australien und wir Australier machen das, wenn wir alt sind.“, scherzte der Mann. 


Die nächsten Tage verbrachten wir in Byron Bay, meinem persönlichen Lieblingsort in Australien. Wie ich hörte, soll Byron Bay im Sommer ziemlich überlaufen sein, aber als wir dort waren, waren die Strände herrlich leer. Wir hatten sogar einen Campingplatz direkt am Strand und sahen morgens als erstes das Meer, wenn wir die Vorhänge öffneten. Byron Bay und das nahegelegene Nimbin sind kleine Hippie Orte. Wahrscheinlich fühlte ich mich darum gleich wohl. Wir beschlossen etwas länger in dieser Gegend zu bleiben, als eigentlich geplant. Auf der Fahrt nach Nimbin besuchten wir die ‚Nimbin Rocks‘, eine bizarre Felsformation. Nimbin an sich ist quasi das Mini-Amsterdam Australiens. Der Ort tat sich plötzlich vor uns im Busch auf, mit bunten Häusern und schrillen Menschen. In zahlreichen Geschäften konnte man ‚Kräutermischungen‘ kaufen oder man ging gleich direkt zur ‚Nimbin Hemp Embassy‘. In einem Laden kaufte ich Tee, weil ich die Zutatenbeschreibung so witzig fand: „Ingridients: Some tropical herb to relax“. 


Am nächsten Tag hatte ich gerade den Frühstückstisch im Sonnenaufgang mit Blick auf Strand und Meer gedeckt und hatte mich nur eine Sekunde umgedreht. Da sprang plötzlich ein fasanartiges Tier auf unseren Frühstückstisch und wollte mit unserem Weißbrot türmen. Nur mit Mühe und Not konnte ich noch etwas von dem liebevoll zubereiteten Frühstück retten, bevor Jens vom Waschhaus zurückkam. 


Wir wollten wieder ein wenig wandern. Diesmal den Byron Bay Walking Track zum östlichsten Punkt des Australischen Festlandes und dann weiter zum Cape Byron Lighthouse. Ein wirklich toller Weg direkt am Meer entlang durch die felsige Landschaft. Ich konnte mich gar nicht satt fotografieren. Der Weg ist mehr ein Trampelpfad, wie ich ihn aus dem Royal National Park kannte. Ich lachte über die lustigen ‚Klobürsten-Pflanzen‘, die am Wegesrand wuchsen und deren Blüten eben aussehen wie Klobürsten. Vom Lighthouse aus hatten wir einen noch besseren Blick über die ganze Szenerie mit Meer, Wellen und Strand. Der Weg hatte sich auf jeden Fall wieder einmal gelohnt. Aber wir waren hungrig, also belohnten wir uns für die Anstrengung mit einem leckeren Essen, das wir auf einem gemütlichen Sofa auf dem Balkon des Restaurants „The Balkony“ zu uns nahmen. Wieder leicht hippiemäßig angehaucht. Ich liebte es!


Da wir uns ungeplant doch etwas länger in Byron Bay aufhielten, war auch noch Zeit für eine Kanutour um den östlichesten Punkt Australiens herum. Wir beide, ein netter Guide und ein weiteres Pärchen in einem zweiten Kanu paddelten um das Cape Byron herum und befanden uns damit nun nicht nur auf dem östlichsten Punkt Australiens, sondern sogar noch östlicher. Und mitten in den Wellen geschah es: Zahlreiche Delphine gesellten sich zu uns. Was für ein Spektakel! Eine ganze Delphin-Schule schwamm neugierig um uns herum, einige sprangen neben uns aus dem Wasser. Sie waren so nah, dass man sie fast hätte berühren können. Jens sprang vom Kanu ins Wasser zu den Delphinen und brachte mich damit fast zum Kentern. Byron Bay war wirklich ein Ort, der in Australien in all seiner Vielfalt fast nicht zu überbieten war.


Sufer’s Paradise, unser nächstes Ziel, erinnerte mich eher an Ort wie Panama City Beach oder ähnlich Amerikanische Urlaubsorte in Florida. Der Stand ist langläufig und weiß, aber leider haben die Australier hier die ganze Strandreihe mit Hochhäusern zugepflastert, so dass wir uns nicht lange direkt in der Stadt aufhielten. Da wir feststellten, dass wir keine Lust auf „Stadt“ hatten, sondern lieber in der Natur unterwegs sein sollten, fuhren wir auch direkt an Brisbane vorbei bis nach Maroochydore. In Maroochydore standen wir mit dem Caddy wieder direkt am Strand auf einem kleinen Campingsplatz. Jens machte nach dem Aufstehen einen Strandlauf, als ich das Frühstück zubereitete, und jauchzte so laut auf, als er danach in die Wellen sprang, dass ich ihn bis zu unserem Platz hörte. Was für ein Leben. Es könnte ewig so weitergehen. 


Der Lonely Planet versprach, dass man in Noosa Head unzählige Koalas sehen würde, wenn man einen der verschiedenen Tracks durch Wald und an der Küste entlang wandern würde. Für ‚Wandern‘ haben wir immer unsere eigene Definition. Während uns ab und an Menschen in kompletter Wanderausrüstung entgegen kamen, zogen wir es vor, in Shorts, Chucks und ich im Bikini-Oberteil loszuziehen. Eben wieder ein bisschen Hippie-Style. 


Wir wanderten kilometerlang den wirklich schönen Weg entlang und ich stellte irgendwann enttäuscht fest: „Irgendwie gibt es hier keinen einzigen Koala!“. Wo hatten sie sich denn versteckt??? Des Rätsels Lösung folgte einige Minuten später, als ich zu Jens meinte: „Was riecht denn hier so verbrannt? Und warum ist hier alles so weiß?“. Es hatte einige Tage zuvor ein Buschfeuer in Noosa Head gegeben. Ganze Abschnitte unserer Wandertour waren wahlweise schwarz verkohlt oder weiß wie Schnee. Man konnte das, nun gelöschte, Feuer noch riechen, was auch erklärte, dass die Koalas wahrscheinlich alle schnellstmöglich das Weite gesucht hatten. 


Etwas enttäuscht saß ich dennoch im Caddy nach Hervey Bay, dem Ausgangsort für unseren Ausflug auf die weltgrößte Sandinsel Fraser Island. Am nächsten Tag setzten wir über nach Fraser Island. Der Caddy musste leider im Hafen stehen bleiben, da auf Fraser Island nur Fahrzeuge mit Allrad Antrieb zugelassen sind. Die Insel an sich ist ein großes Abenteuer, da es keine richtigen Straßen gibt, sondern nur Sandwege, in denen man beim Fahren schnell stecken bleiben kann. Zudem ist sie die größte Insel Queenslands. 

Besonders schön war hier der glasklare Lake McKenzie. Weißer Silizium-Sand lässt das Wasser glasklar wirken. Wir hielten uns eine ganze Weile, leider nicht lange genug für meinen Geschmack, an diesem tollen See auf und wanderten dann noch ein wenig durch den tropischen Wald. Am ‚75 Mile Beach‘ machten wir Rast an einem Ort, der ‚Happy Valley‘ hieß. Wir waren mit einem allradbetriebenen Bus unterwegs, der leider nun schlapp gemacht hatte. Wir waren also im ‚Happy Valley‘ gestrandet und chillten ein wenig am Strand. Der Strand ist gleichzeitig eine Straße, so dass man nicht nur das Rauschen der Wellen, sondern auch der Motoren der vorbeifahrenden Fahrzeuge hörte, wenn man hier in der Sonne lag. Das störte etwas, wäre aber sicher ein heidenspaß gewesen, wenn man selbst am Steuer gewesen wäre. Der Tag war toll gewesen, allerdings haben wir uns vorgenommen, das nächste Mal für eine Tour über die Insel doch lieber ein eigenes Allrad-Fahrzeug zu mieten. Sonst hätten wir sicherlich noch mehr Zeit am Lake McKenzie oder auch dem Schiffswrack am 75 Mile Beach verbracht. So waren wir leider immer etwas getrieben von unserer Gruppe, denn natürlich hatte der Busfahrer einen Zeitplan einzuhalten.


„Der Kaffee schmeckt, es kann losgehen!“, sagte Jens an Deck unseres Boots für die Wale Watching Tour am nächsten Tag, „Wir haben zwar heute noch 800km vor uns, aber wir gucken uns jetzt erstmal Wale an!“. Nachdem ich in meiner Zeit in Australien zwar schon unzählige Wale gesehen hatte, wollte ich nun doch noch mal einen aus der Nähe anschauen. Wir tuckerten also mit einem Schiffchen aufs Meer hinaus und genossen es in der Sonne an Deck vor uns hin geschaukelt zu werden. Unser Kapitän rief schließlich in sein Mikro: „Da vorn ist ein Wal! Nun bitte alle winken!“. Es waren noch ein paar andere Leute dabei, unter anderem viele Kinder, die natürlich sofort mit Feuereifer winkten und riefen. Wale sind neugierige Tiere. 

 
Dass sie ankommen und wissen wollen, wer da winkt und ruft, ist ihnen zu Zeiten des Walfangs hier an der Küste schon oft zum Verhängnis geworden. Aber wir waren ja ungefährlich, von daher durften sie ruhig näher kommen! Und das taten sie auch. Neugierig schwammen sie um unser Schiffchen und darunter hindurch. Dann wieder etwas weiter weg, drehten sich dabei und platschten mit den Flossen, als wollten sie zurück klatschen. Wir waren begeistert! 


Eigentlich hatten wir, naiv wie wir waren, vor gehabt, nach der Walewatching-Tour abends noch weiterzufahren. Wir stellten aber fest, dass wir früh aufgestanden waren, viel erlebt hatten und jetzt einfach nur noch essen und schlafen wollten. Unser toller Campingplatz mit dem eigenen Badezimmer war leider schon ausgebucht, also mussten wir nach einer Alternative suchen. Die fanden wir auch, allerdings im kompletten Kontrast dazu. Ein kleiner, etwas schmuddeliger, Campingplatz. Das Waschhäuschen war komplett offen, was dafür sorgte dass sich allerlei Spinnen an der Decke und den Wänden tummelten. „Augen zu und durch!“, dachte ich mir, als ich mich unter die Dusche stellte. 


Rockhampton war ein Ort, den wir gar nicht so auf dem Schirm hatten. Es war unser nächster Stopp und eigentlich nur für die Übernachtung gedacht, da er auf den ersten Blick nicht allzu viel zu bieten hatte. Wir wollten am nächsten Tag schon weiter fahren und hatten Rockhampton schon fast verlassen, als auf den letzten Metern plötzlich ein Dorffest vor uns auftauchte. Es stellte sich als kulturelles Festival heraus, auf dem alle Nationalitäten, die in der Stadt lebten, sich, ihre Kuturen und…mhmmmm…ihre Gerichte vorstellten. Wir sahen uns einen Auftritt einer Tanzgruppe von Aborigines an, futterten uns durch diverse Buden, Jens kaufte sich einen schönen Australischen Drover-Hut und ich bekam ein Airbrush Tattoo. Hatte sich doch gelohnt noch einmal anzuhalten und den Nachmittag noch in der Stadt zu verbringen. Wie schön, dass hier alle Kulturen gemeinsam ihre Unterschiedlichkeit feierten. Mir gefiel das ausgesprochen gut!


In Airlie Beach, unserem abendlichen Stopp hatten wir den besten Campingplatz unserer Reise. Wir hatten etwas mehr investiert und hatten einen Platz mit einem eigenen Waschhäuschen ergattert. Neben unserem Stellplatz befand sich dieses kleine Häuschen, an dem es zwei Türen gab: eine zum Klo und eine zu einem kleinen Badezimmer nur für uns. Worüber man sich doch wieder freut, wenn man eine Zeit lang etwas spartanischer gelebt hat. Neben dem Campingplatz gab es eine kleine Hütte, an der an diesem Abend ein Grillbuffett angeboten wurde. Wir stolperten also durch die Dunkelheit dorthin und freuten uns, dass wir an diesem Abend ausnahmsweise Mal nicht selber grillen mussten. Neben ein paar Leuten vom Campingplatz waren hier auch Einheimische an den Tischen und schlugen sich die Bäuche voll. Und ein kleiner Dieb war auch dabei: Ein Opossum, dass sich immer wieder aus der Dunkelheit zu den Tischen oder zum Buffett stahl und dann, gejagt vom Restaurantbesitzer, mit seiner Beute wieder in der Dunkelheit verschwand. 


Ein besonderes Highlight war unsere Segeltour mit der „Iceberg“ auf den Whit Sunday Islands am nächsten Tag. Zwei Tage segeln, weißer Sand und türkisfarbenes Meer, es war herrlich! Jens ging es nicht ganz so gut. Er war von leichter Seekrankheit geplagt und konnte sich einen Teil der Reise kaum bewegen, ohne dass ihm gleich übel wurde. Wir verbrachten zwei Tage und eine Nacht auf der „Iceberg“ mit nur ein paar Mitreisenden. Unser Kapitän war sehr cool und ihm war sehr daran gelegen mit uns möglichst nicht die ganzen überlaufenen Stellen auf dem Whit Sunday Islands anzusteuern, wie die großen Touristenschiffe. Wir waren natürlich dennoch im bekannten Whitehaven Beach, einem der schönsten Orte, an dem ich in meinem Leben je war. Aber der auch eben einer der schönsten Orte vieler Menschen ist, so dass wir uns dort nicht lange aufhielten, sondern lieber eine kleine, einsame Sandinsel ansteuerten und dort spazieren gingen. 


Auf dem Weg von Ailie Beach nach Paronella Park, machten wir einen Abstecher zu den Wallamans Falls. Ich war auf einem Campingplatz mit einem Mann ins Gespräch gekommen, der zu mir meinte: „Die Wasserfälle müsst ihr euch ansehen. Es ist bei Ingham nur kurz links rein!“. Gut, „nur kurz links rein“, um den höchsten (einstufigen) Wasserfalls Australiens anzusehen, klang gut! Für Australier ist es „nur kurz links ein“, für uns war es eine Fahrt von über 50km. So unterschiedlich kann das Gefühl für Entfernungen sein. Irgendwann mündete die Straße in eine Dirt Road, aber mittlerweile versetzte mich das nicht mehr in Panik was eventuelle Schäden am Caddy anging. Auf so eine lange, staubige Fahrt den Berg hinauf und auch die anschließende, längere Wandertour durch den Wald, waren wir wieder einmal nicht eingestellt. Im Caddy befanden sich nur Chips und Cola. 


Das Wasser und alle anderen Vorräte waren uns ausgegangen und sollten erst bei unserem nächsten Stopp in Paronella Park wieder aufgefrischt werden. So wanderten wir eben mit Chips und Cola zum Wasserfall. Wir kletterten ins Tal, um Wallamans Falls von unten zu bestaunen. Der Aufstieg war dann anstrengend. Es war brütend heiß und wir bekamen langsam schlechte Laune mit warmer Cola im Gepäck für die Flüssigkeitsversorgung. Kurzzeitig wurden wir von dieser Laune abgelenkt, als uns ein älterer Herr einen riesigen Varan zeigte, der gerade auf einen Baum kletterte. Ohne den Herren hätten wir das fast zwei Meter lange Echsentier gar nicht gesehen. Es war farblich sehr gut getarnt an dem dicken, hohen Baum. 


Als wir wieder an die Hauptstraße zurückkamen, entdeckten wir an einer Ecke einen kleinen Pub und stürzten sofort durstig auf ein KÜHLES Bier und ein KÜHLES Lemon Lime and Bitters hinein. Letzteres ist mein liebstes Erfrischungsgetränk in Australien gewesen. Zu jeder Gelegenheit bestellte ich es und bin auch heute noch sehr traurig, dass man dieses Getränk in Deutschland nicht bekommen kann.

 
Bei Tully hielten wir kurz, denn nach der großen Banane, dem großen Wal und einer großen Krabbe wollte ich auch noch „den großen Gummistiefel“ sehen. Der steht im Städtchen Tully, weil dies angeblich der Ort Australiens mit den meisten Regentagen ist. Zurück auf großer Fahrt warf Jens ohne Nachzudenken eine Bananenschale aus dem Fenster. „Haaaaaalt!“, rief ich. Wir waren mitten in einer „Bananen-Quarantäne-Zone“, da es hier vor kurzem wohl einen Pilz oder ähnliches gegeben hatte, der die Banenenernte gefährdete. Gott sei Dank haben wir bisher noch keiner erneuten Bananenepidemie gehört, also war es wohl doch nicht so schlimm. Asche auf unser Haupt!


Paronella Park ist ein verwunschener Ort. Wir hätten von diesem Ort gar nichts gewusst, wenn nicht meine Kollegen in Sydney mir davon erzählt hätten. In meinen Reiseführern wurde ihm kaum ein Wort gewidmet. Es handelt sich um eine Art Schloss zwischen Zuckerrohrplantagen und Regenwald. Zumindest könnte man dies vermuten. In Wirklichkeit ist Paronella Park 1929 als eine Art Vergnügungspark errichtet worden. José Paronella, der mit Zuckerrohrplantagen sein Geld verdiente, baute eine Anlage mit mehreren Gebäuden, in denen und um die es für die damaligen Bewohner der Gegend zahlreiche Aktivitäten gab. Es gab einen kleinen See mit Wasserfall zum Schwimmen, Tennisplätze und Filmabende im Hauptgebäude. 


Leider hatte Herr Paronella das Gebäude aus Sandstein in den tropischen Wald gebaut, was dafür sorgte, dass die Gebäude heute sehr verwittert aussehen. Fast, als wären sie schon Hunderte Jahre alt. Zudem zogen mehrere Stürme und Zyklone über das Gelände, die ihm zusätzlich zu schaffen machten. Wir spazierten durch die Parkanlage und genossen das verwunschene Ambiente. Schön war, dass man hier kostenlos campen und ein kleines Waschhaus nutzen konnte, wenn man eine Eintrittskarte für den Park kaufte „Vielleicht können wir sogar in dem Teich baden? Ein altes Sprungbrett gibt es immerhin!“, fragten wir uns. 


Abends schlossen wir uns einer Nachtwanderung an, folgten unserem Guide durch den Park und gingen durch alte Umkleidekabinen aus Stein, in denen jetzt die Fledermäuse hausten. An dem kleinen Teich bekamen wir eine Tüte mit Fischfutter und durften die Aale füttern. Mega eklig! Die Aaale kletterten förmlich den Hang hoch, um an das Futter zu kommen. Gut, dass wir hier am Nachmittag nicht schwimmen waren! An den alten Tennisplätzen ertönte plötzlich die Musik einer Spieluhr und zeitgleich wurden die alten Gebäude vor uns von verschiedenen Seiten beleuchtet. Plötzlich hatte man das Gefühl die Leute von damals hier wieder Tennis spielen und Tee trinken zu sehen und ihre Gespräche zu belauschen. Es war wie verzaubert! Wir waren noch zu aufgedreht, um nach der Nachtwanderung direkt schlafen zu gehen, also beschlossen wir, auf ein Bier in den nahegelegenen Mena Creek Pub zu gehen. Diesen erreichten wir über eine mehr oder weniger vertrauenserweckende Hängebrücke, die über den Wasserfall des Mena Creeks führte. Es war dunkel, etwas neblig und Paronella Park wollte uns anscheinend mit seinem leicht gespenstischen Ambiente nicht so schnell aus seinen Fängen lassen. Im Pub direkt saßen wir plötzlich auch in dichtem Nebel gehüllt, der wenige Sekunden später auch schon wieder verschwand. 


Am nächsten Morgen sah die Welt schon wieder ganz anders aus. Es war herrliches Wetter und wir beschlossen nach einem Ort zum Schwimmen gehen zu fragen. „Elli Beach ist in der Nähe! Fahrt dorthin.“, riet uns ein netter Mitarbeiter des Parks. Gesagt, getan! Auf dem Weg zu Etty Beach waren wir allerdings irritiert. Überall waren große Schilder, die eindringlich davor warnen, hier schwimmen zu gehen. „Crocodiles – No Swimming!“ stand darauf. Wir breiteten unsere Handtücher am Strand aus und checkten erst einmal die Lage. Nur wenige Leute waren an dem Strand, einige davon aber auch im Wasser. Als dann zwei Schulbusse kamen und zahlreiche Kinder sofort ins Wasser sprangen, hielt es uns allerdings auch nicht mehr auf dem Handtuch. „Wenn sie hier ihre Kinder ins Wasser lassen, kann es mit den Krokodilen schon nicht so dramatisch sein!“, dachten wir uns. Ich fragte ein älteres Ehepaar im Wasser, ob ich mir bezüglich der Krokodile Sorgen machen müsse, aber der Mann winkte ab und sagte in bestem Australischem Akzent: „Ach, man hofft halt immer, dass sie wen anders fressen!“. Na dann ist ja gut…


Über den Waterfall Way machten wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel: Port Douglas. Wir hielten an einigen der Wasserfälle, schauten uns am ‚Mi:Ma‘ Baumwipfel Pfad den Regenwald von oben an und gingen in den Millaa Millaa Falls schwimmen. Das Wasser war eiskalt, aber trotzdem herrlich. Jens schaffte es bis auf die andere Seite des kleinen Sees und kletterte hinter den Wasserfall, wo er dann ganz entspannt saß und zu mir rüber sah. Ich schaffte es nur kurz ins Wasser für eine kleine Abkühlung. Es war mir einfach zu kalt. Aber immerhin hatte das kalte Wasser einen Vorteil: Hier gab es keine Krokodile! Und wer konnte es ihnen mehr als ich verdenken, dass sie sich hier nicht im Wasser aufhalten wollten.


Port Douglas war einer unserer letzten Stopps. Der Ort und der Strand sind wunderschön. Allerdings rieten mir meine Kollegen vor unserer Reise noch davon ab, hier im Meer zu schwimmen. Der Box Jellyfish – die Würfelqualle – trieb hier im Wasser ihr Unwesen. Mein Lieblingsautor Bill Bryson beschreibt die Würfelqualle als das todbringendste Geschöpf auf dieser Erde. Sie schlitzt einen mit ihren meterlangen Tentakeln auf und injiziert ihr Gift. In seinem Buch „Frühstück mit Kängurus“ beschreibt er, wie ein Mann trotz einer ordentlichen Morphium Dosis immer noch vor höllischen Schmerzen schreit. Das braucht nun wirklich kein Mensch. Wir verbrachten den Tag am Strand und grillten abends wie fast jeden Abend an einem öffentlichen Grill auf unserem Campingplatz. Ich darf gar nicht drüber nachdenken, wie viel Känguru-Steak ich in Australien verspeist habe. 


Nach dem Aufenthalt in Port Douglas mussten wir unseren Caddy in Cairns abgeben, wo ich uns über eine günstige Website ein richtiges Hotelzimmer gebucht hatte. „Einmal die Ostküste hoch, heißt aber auch einmal bis die Straße zu Ende ist!“, offerierte ich Jens. Ich wollte unbedingt noch bis zum Cape Tribulation, dem nördlichsten Punkt der Ostküste, den man über die gepflasterten Straßen erreichen kann. Jens war natürlich sofort dabei und so fuhren wir erst einmal hoch in den Daintree Nationalpark, um einmal am nördlichsten Punkt am Strand zu stehen und auf das Meer hinauszusehen.


In Cairns ging es nun für uns ohne Caddy weiter, was bestimmt zu einem lustigen Bild beim Check-In in das Hotel Mantra in Cairns führte. Am Taxi kam uns schon ein Page mit einem goldenen Kofferwagen entgegen, auf den wir unsere Rucksäcke, Taschen und Plastiktüten luden. An einer Tasche hing einer unserer Töpfe. Der Typ staunte nicht schlecht über die Gäste, die hier gerade ankamen. 

 
Wir chillten an diesem Tag an der ‚Lagune‘, einer künstlichen Schwimmgelegenheit am Strand (ohne Würfelquallen) und ließen uns dann in unser riesiges Hotelbett fallen. Was für ein Luxus, wenn man wochenlang in einem kleinen Caddy schläft. Andererseits vermissten wir ihn auch ein wenig, unseren treuen Gefährten. Eine leichte Wehmut tat sich bei uns auf, dass dieser Teil der Reise nun zu Ende war. 


Doch es war noch nicht ganz vorbei. Der Ayers Rock erwartete uns. In letzter Minute hatte ich am Vorabend unseres Fluges noch den Rest von dem lustigen Tee aus ‚some tropical Herb‘, den wir in Nimbin gekauft hatten, im Hotelmülleimer entsorgt. Wir wussten ja nun wirklich nicht, was wir hier dabei hatten und ich wollte kein Risiko eingehen. Der Tee hatte zumindest für so einige sehr entspannte Abende vor dem Caddy bei Kerzenschein gesorgt. 
  
Nun sollten wir eine ganz andere Landschaft erkunden als die, die wir bisher in Queensland gesehen hatten. Von den Tropen ging es direkt in den Busch. Ich hatte uns ein Hotel, übrigens das einzige Hotel in der Nähe des Ayers Rocks, gebucht und dazu einen Mietwagen für die drei Tage, die wir dort verbringen würden. 


Wir wanderten einmal um den Ayers Rock herum. Natürlich wieder mit viel zu wenig Wasser im Gepäck. Gott sei Dank gibt es auf dem Weg große Kanister mit Trinkwasser, an denen man sich bedienen kann. Ähnlich wie Paronella Park zog mich auch dieser Ort in seinen Bann. Was ist das für ein Stein? Wirklich ein Meteorit? An einigen Stellen sah der rote Fels aus, als wäre er mal sehr heiß gewesen und geschmolzen. Hinter jeder Ecke gab es neue Höhlen und Formationen zu entdecken. An einigen Stellen entdeckten wir Höhlenmalereien der Aborigines. Ein wirklich eindrucksvolles Volk übrigens. Ich hatte zuvor ein Buch über sie gelesen und fand ihre Verbundenheit zu Natur sehr spannend. Sie verlassen keine Lagerstätte, ohne nicht alles wieder so herzurichten, wie sie es vorgefunden hatten, und entschuldigen sich bei den erlegten Tieren dafür, dass sie sie für ihren Hunger getötet haben. Wenn mehr Menschen so einen bewussten Umgang mit dem, was ihnen gegeben ist, hätten, dann wäre die Welt wohl ein Stückchen besser. Auf den Ayers Rock klettern wir nicht. Die Aboriginies hatten extra Schilder angebracht, dass dies eine heilige Stätte für sie ist und dass man dies bitte respektieren sollte. „Please don’t climb!“, stand dort. Also ließen wir es. 


Abends hatte ich für uns ein romantisches Dinner in der Wüste gebucht. Ein kleiner Traum im Sonnenuntergang mit Blick auf den Ayers Rock mit einer kleinen Gruppe von Menschen das Abendessen mit musikalischer Untermalung eines Didgeridoos  einzunehmen. Das Essen war lecker, der Blick war toll und als ich dachte, es könnte nicht mehr schöner werden, übergab sich am Nebentisch ein Chinese, der vergessen hatte, dass er keinen Alkohol vertrag. Hach, diese Idylle…


Statt auf den Ayers Rock kletterten wir durch die Kata Tuja, eine weitere Felsformation, die sich in der Nähe befand. Wir hatten die Felsen von einer Aussichtsplattform an der Straße aus gesehen und waren dort mit jemandem ins Gespräch gekommen. „Sieht aus wie ein, auf dem Rücken liegt und schläft.“, fanden wir. Hindurch zu klettern war spannend. Wieder ein kleines Abenteuer. Und wir waren fast ganz allein. Nur ein polnisches Pärchen begegnete uns auf unserem Weg, mit dem wir ein bisschen ins Gespräch kamen. 


Ich war froh, dass Jens in meinen letzten Tagen in Sydney bei mir war. Ich war wehmütig, aber auch froh, dass wir dieses Abenteuer nun zusammen abschließen konnte. Wir sahen uns noch ein Rugby Spiel in der Stadt an und nach einem abschließenden Frühstück mit meinem Mitbewohner Peter an einem schönen Strand, saßen wir auch schon im Flieger gen Heimat. 4 Monate Australien lagen hinter mir, 1 Monat Australien hinter Jens. Diese Reise wird uns immer in Erinnerung bleiben, zumal wir auch ein ganz besonderes Souvenir mitgebracht haben: unsere Tochter Mia Sophie.


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