Zwischen Reben und Bunker - Die Chaosfamilie auf Weinwanderung

Unsere schon lange geplante Weinwanderung stand unter einem guten Stern! Äh, ich korrigiere mich: Unter einem sehr heißen Stern...unsere (geplant) 18km lange Tour durch die Weinberge um "Ahrweiler Markt" herum wurde begleitet von 32° im Schatten. Der Wein sorgte in diesem Zusammenspiel allerdings mal wieder für eine unserer chaotischen und lustigen Familientouren.



Es fing schon damit an, dass die A1 ab Hagen an unserem Anreisetag um 18:00h pünktlich aufgrund von Bauarbeiten über das komplette Wochenende gesperrt wurde. Wir waren natürlich genau um 18:10h an besagtem Ort. Da CarNet, sowie zwei parallel laufende Handys mit Google Maps und der Navi App von Apple uns leider keine große Hilfe waren, irrten wir daraufhin etwas planlos über Land. An jeder möglichen Auffahrt auf die A1 versuchten uns alle Geräte wieder auf selbige zu führen, obwohl wir schon aus dem Radio wussten, dass dies bis Wuppertal nicht möglich sein sollte.

Einmal bauten die Arbeiter sogar direkt vor unserer Nase die Absperrung der Auffahrt auf. Dazu noch mein Onkel Bobby, der sich auf dem Sitz hinter mir (der "Seniorensitz" im Bulli :D) alte britische Schwarz-weiß-Serien ansah (in Seniorenlautstärke). Und nicht zu vergessen: Gavin und Jens auf dem Rücksitz, die bereits ihren "traditionellen Reise-Jägermeister" zu sich genommen hatten und bei einem Bierchen gemütlich über aktuelle Fußballthemen philosophierten. Nur Ingrid stand mir zu Seite und sorgte mit diversen Süßigkeiten dafür meine Laune auf hohem Niveau zu halten. Die Fahrt war wie verhext und brachte noch einige Umwege mit sich...aber immerhin landschaftlich sehr schön! Ich kann die Orte leider nicht mehr benennen, aber zeitweise fühlten wir uns fast wieder wie auf Familienbesuch in Wales...grüne Wiesen, Natursteinmauern, weiße Zäune, Sandsteingebäude...alles zog an uns vorbei. Nur der Versuch im Stau auf der Landstraße bei einem Einheimischen eine "Grande Latte mit extra Caramel" zu bestellen, scheiterte leider kläglich.


Unsere kleine Rundreise durch das schöne Nordrheinwestfalen führte leider dazu, dass die andere Hälfte der Familie bereits seit Stunden nonchalant in einem schönen Restaurant am Rheinufer in Bonn saß und den Geburtstag meiner Cousine Janice feierte. Wir hingegen stürzten kurz vor Feierabend der Küche gegen 22h in das Restaurant und fragten total ausgemergelt erst einmal nach der Speisekarte, bevor alles Weitere (z.B. der Austausch von Glückwünschen) Beachtung finden konnte. Ein durchaus üblicher Familiengeburtstag also. :D


Das eigentliche Ziel unserer Reise war allerdings nicht Bonn, sondern Ahrweiler Markt in Rheinland-Pfalz. Wir...das waren Jens und ich, Ingrid und Bobby, Gavin, Janice und Chris, sowie Chris Mutter Andrea...erreichten es mit dem Zug (das ist für den Verlauf dieser Geschichte noch von elementarer Bedeutung). Da wir einen sehr heißen Tag erwischt hatten, waren wir äußerst entzückt, als wir nach wenigen Kilometern in den Weinbergen den Stand des Weinguts Kriechels entdeckten und uns dort mit einem schönen Grauburgunder auf ein paar Weinkisten niederlassen konnten. Als wir ankamen wurde gerade die Fotoecke aufgebaut mit lustigen Schildern (#steilabergeil), die uns erstmal für längere Zeit beschäftigte und mit jedem Schluck Wein zu noch besseren Fotos führte. Ziemlich schwierig sich wieder aufzuraffen und weiter zu wandern, wenn man bei 32° den ersten Wein bereits kurz vor Mittag hinter sich hat. Als wir einen Aussichtsturm in der Nähe erreichten, tropften wir bereits. Der leichte Wind dort oben tat allerdings wirklich gut.  


Denn eines gibt es im Weinberg äußerst selten: Schatten! Aber immerhin gab es auf dem Weg leckere Weintrauben, die man stibitzen konnte. Und die halfen mir die Zeit bis zum nächsten Weingut zu überbrücken. Dieses war gebaut wie ein Hundertwasser-Haus. Ein pilzartiges Gebilde, das wirklich schön war! Leider auch teuer und die Bedienungen waren auch nicht besonders nett, so dass andere Gäste schon nach wenigen Minuten wieder Reißaus nahmen. Aber wir waren durstig ließen uns daher nicht vertreiben.


Hungrig waren wir auch und bekamen sehr interessantes Essen serviert. Der gemischte Salat, den Bobby bekam, machte der Bezeichnung "Gemischt" alle Ehre. Unter Blümchen als Deko befand sich alles, was die Küche salattechnisch zu bieten hatte. Einiges konnten wir nur schwer identifizieren, aber wer kann schon von sich behaupten mal einen Salat mit "Wildem Salbei" gegessen zu haben (jahaa, lieber Winzer, wir haben recherchiert!).


Die nächste Etappe führte uns über den Bunker bis ins Kloster. Zum Bunker komme ich später, aber der Wein im Garten des Klosters Marienthal war wirklich sehr gut! Bobby fand zu unser aller Erheiterung eine schöne rot gemusterte Damenbrille auf der Fensterbank: "Faszinierend! Genau meine Stärke!" während der Rest der Männer über vorbeiziehende Damen lästerte: "Also diese Hose tut ja auch gar nichts für die!...(Finsterer Blick)...Oh, das hat sie wohl gehört...". Ja, so sind sie: Allzeit charmant!


Nach dem Kloster kamen wir zur letzten Etappe bis in das kleine Örtchen Dernau, begleitet von einer weiteren Auswahl lustiger Wortspiele von Gavin, die uns bereits den ganzen Tag erfreuten. Kracher wie "BONN Anniversaire" oder "Nun WEIN doch nicht" konnten heute nun wirklich kaum getoppt werden!


"Da, eine Tanke! Endlich können wir uns ein schönes Bier kaufen!", rief Jens...und weg waren die Männer der Familie. Äh ja, was soll ich sagen...sie sind wahrlich echte Freunde eines guten Tropfens... Aber immerhin machten wir uns dann mit einem Wegbier auf den selbigen und damit in Richtung Bahnhof, wo bereits die S-Bahn wartete, die uns zum Weinfest nach Ahrweiler Markt bringen sollte...Betonung auf "sollte", denn die Bahn fuhr leider erstmal gar nicht. Und das sollte auch die nächsten zwei Stunden so bleiben, da angeblich ein Baum auf die Bahngleise gefallen sein sollte. "Zuhause hätten wir schon längst den nächsten Bauern mit Kettensäge angerufen." - "Oder die Feuerwehr!" - "30 Minuten und der Drops wär gelutscht!"...auch in der Lösung von Problemen ist man in unserer Familie ganz oben mit dabei! Die Bahn leider nicht und so beschlossen wir, den Zug zu verlassen und erstmal irgendwo einzukehren, bevor die Reise weiter gehen konnte. 



Und das war dann ein wahrliches Glück: Wir landeten zufällig beim Weingut Kreuzberg, einem der 100 Top Weingütern im Handelsblatt. Herr Kreuzberg entpuppte sich als wunderbarer Gastgeber. Zwar war auch hier ähnlich dem "Pilz-Weingut" fast alles reserviert, aber wir durften netterweise erstmal Platz nehmen und sollten in Ruhe abwarten, ob überhaupt alle kommen würden. Auch zeigte er sich weiterhin kulant, als die gesamte Familie nach und nach ihre schwitzigen Füße in einer steinernden Wassertränke auf der Terasse seiner Weinschänke abkühlte.


Ab und zu kam er an unseren Tisch und quatschte ein wenig mit uns. Wir tranken "Blanc de Noir", "Sophie", Frosé und selbstgemachte Zitronenlimonade und futterten diverse Tappas und Käsehäppchen dazu. Wir versackten in dem kleinen Innenhof, hielten uns die Bäuche vor Lachen (warum weiß ich leider nicht mehr :D, aber es gab anscheinend diverse lustige Themen an diesem Tag) und die Weinflaschen auf unserem Tisch vermehrten sich. 



Als wir schließlich an einen anderen Tisch umziehen mussten (die blöden Gäste, die reserviert hatten, waren tatsächlich aufgetaucht), rollte Herr Kreuzberg extra ein Fass mit einem neuen Sonnenschirm für uns irgendwoher, damit wir auch dort gemütlich im Schatten sitzen konnten. Das (und der wirklich wunderbare Wein) sorgten dafür, dass wir am nächsten Tag noch einmal beim Weingut vorbei fuhren und unsere Autos mit Kiste um Kiste vollluden. Am Abend allerdings machten wir uns erstmal über das üppige Grillbuffet her, das wirklich lecker war! Kurzum: Das Weinfest haben wir irgendwie nie erreicht!


Die Familie störte in dieser Nacht noch den Schlaf eines Babys in der Cocktailbar unseres Hotels und die Jungs und ich trafen noch einen "Bad Influencer" in der "Arena" (haha) in Bonn. Das sei hier aber alles besser nicht mehr weiter erläutert...


Nachdem die Kultur an diesem Wochenende ja nun etwas zu kurz gekommen war, stand am Sonntag nach dem Frühstück noch eine Besichtigung des alten Regierungsbunkers bei Bad Neuenahr an. Solche Bauwerke faszinieren mich ja! Der Bunker war ursprünglich mal ein Eisenbahntunnel, dessen Strecke allerdings nie fertig gestellt wurde. Ein Relikt aus der Kaiserzeit, um "an die Westfront" zu kommen. Als Deutschland in die NATO eintrat, war ein solcher Bunker wohl Einstiegskriterium. 18km ist er lang (witzigerweise genauso lang wie unsere Weinwanderung), allerdings heute fast vollständig zurück gebaut. Nur ein Stück von ca. 200 Metern ist noch in alter Form erhalten.


Inklusive Dekontaminationsduschen, Krankenstation und Frisierstube. Nicht zu vergessen, die vorbereitete Rede des Bundespräsidenten an die Nation im Ernstfall ("Bitte geraten Sie nicht in Panik..."). Diese hätte im bunkereigenen WDR-Fernsehstudio gedreht werden können und niemand hätte gemerkt, dass er sich im Bunker und nicht mehr in Bonn befunden hätte. Die komplette Regierung hätte sich bei einem Atomschlag im Bunker eingefunden.



3000 Menschen hätten 30 Tage dort überleben können. Ob dem wirklich so gewesen wäre, sei mal dahin gestellt. Unser Guide, ein älterer Herr aus dem Heimatverein, erklärte uns, dass es doch so einige Gerüchte gab, dass die Regierung sich eher nach Florida hätte ausfliegen lassen, als sich jemals in diesem Bunker einzuschließen. Zudem heute auch bekannt ist, dass die Megatonnen, die bei der Detonation einer Atombombe freigesetzt werden, wohl selbst diesen Bunker in seine Einzelteile zerlegt hätten!


Nachdem Ingrid mit einer herzzerreißenden Rede dem Feind die Tränen in die Augen getrieben hatte und dieser daraufhin den Rückzug antrat, machten auch wir uns wieder auf den Weg ans Tageslicht und damit auch auf die Heimreise. Wie schön, dass es mit dieser Familie verrückt, chaotisch und dennoch lehrreich und kulturell anspruchsvoll zu gleich sein kann, haha! Mit euch würde ich immer wieder Zeit in einem Atomschutzbunker verbringen ("Hurra, diese Welt geht unter..."). :-*

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