Gruenes, gruenes Adelaide
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Nachdem Julia am Mittwoch wieder geflogen ist, hatte ich die Ehre mit den beiden Verrueckten fuer drei Tage nach Adelaide zu fliegen. Die Verrueckten, unter diesem Sammelbegriff sind Guenter und Birgit liebevoll bei meinen Kollegen bekannt. Zu diesem Namen kam es durch den Zwischenfall, der sich am Dienstag Morgen ereignete, als Guenter mich (aus dem Zug in die Blue Mountains) anrief, um mir mitzuteilen, er habe die Entscheidung getroffen spontan zum Ayers Rock zu fliegen. Und zwar am Mittwoch!
Ich erinnerte daran, dass wir Freitag gleich wieder ins Flugzeug steigen und nach Adelaide fliegen wuerden, aber auch das hielt ihn nicht davon ab. Also hatte ich die glorreiche Aufgabe kurzfristig alles zu organisieren und zu buchen, was in meinem Buero von Schmunzeln bis Kopfschuetteln verschiedenste Reaktionen ausloeste. Aber bereuht haben sie es nicht und Guenters Wortlaut war: „Ist mir egal, ob mich alle fuer verrueckt halten, es war jeden Dollar wert!“. Als ich mir das Video ansah, konnte ich das auch ohne Weiteres nachvollziehen und bin schon ganz kribbelig, weil ich jetzt auch endlich zum grossen, roten Berg will! ;o)
Naja, aber zurueck zu Adelaide!
Nach einem ausgiebigen Fruehstueck bei Bertoni, das mittlerweile zu Guenter und Birgits Stammlokal geworden ist, machten wir uns mit einem aeusserst gespraechigen, libanesischem Taxifahrer („I have good wife: cooking, cleaning, washing my car...“) auf den Weg zum Flughafen in Sydney und vom Flughafen in Adelaide mit selbigem Gefaehrt direkt ins Hotel. Ja, INS Hotel. Denn das Stamford Grand, das ich auf Empfehlung einer Kollegin fuer guenstige 25Euro pro Person und Nacht gebucht hatte, stellte sich als wahres Schnaeppchen heraus. Wir wurden mit dem Taxi direkt vor die Lobby gefahren und ein Portier in roter Weste oeffnete uns hoeflich die Taxituer. Drinnen sah alles gold, rot und sehr dekadent aus und ich konnte gar nicht fassen, was ich da gebucht hatte. Auch unser Zimmer im 9. Stock war toll, mit Stadtblick und zwei Kingsize Betten. So laesst es sich leben!
Wir beschlossen, nach einem kleinen Umweg an der Strandpromenade entlang, direkt in die Innenstadt zu fahren, um uns dort in den letzten Sonnenstrahlen umzusehen. Auf meine Frage, welche Tram-Linie wir nehmen sollten, hatte mir der freundliche Taxifahrer zuvor nur: „There is just one!“ geantwortet. Ich bin halt doch schon an die Groesse Sydneys gewoehnt... Vom Stadtteil Glenelg fuhren wir also mit der Tram in die Innenstadt und assen in einem niedlichen Thai-Restaurant in China Town zu Abend.
Im Pub und in der Cocktailbar unseres Hotels liessen wir den Abend ausklingen. Wie fast ueberall in Australien wurde in beiden Locations gerade live Musik gespielt und ich war besonders begeistert, als das Gitarren-Bongo-Duo im Pub ploetzlich mein Lieblingslied „Sex on Fire“ von Kings of Leon anstimmte. Bevor wir ins Bett gingen, wollten Birgit und ich allerdings noch den Pool austesten (wenn man schonmal einen hat!) und fuhren im Bademantel von unserem Zimmer noch einmal in den zweiten Stock, wo sich der Pool befand. Unser Schwimmvergnuegen dauerte nur leider nicht allzu lange an, denn kurz nach unserer Ankunft wurden wir wegen der spaeten Stunde von zwei schrankartigen Maennern auch schon wieder hoeflich gebeten zu gehen.
Um 5:30h (Adeleidsche Zeit – man muss die Uhr dort eine halbe Stunde zurueck stellen) am Samstag klingelte Guenters Handy. Auch eine sehr gnadenlose Zeit, aber die Tour nach Kangaroo Island stand an und die wollte ich ja nun auf keinen Fall verpassen. Punkt 6:30h kletterten wir verschlafen in den Minibus, der uns vom Hotel abholte. Irgendwo in Adelaide wurden wir dann mitsamt unserer Mitreisenden im Seniorenalter ausgeladen und uns wurde gesagt, dass wir auf einen grossen Bus warten sollten, der uns zur Faehre bringt. Da standen wir nun frierend im Dunkeln und ich noergelte ein wenig, dass man uns ja wenigstens an einem netten Cafe haette umsteigen lassen koennen. „Ist das unser Bus?“, fragte ich schliesslich, als ein grosser Reisebus um die Ecke bog, was Guenter schmunzelnd mit „Ja, da ist ein Kangaroo aufgedruckt, das muss er dann wohl sein!“ beantwortete.
Also ab durch die unglaublich gruenen Huegelketten von Adelaide. Ich war begeistert, dass es dort so gruen ist und das Land im Winter so fruchtbar aussieht. Die Sonne ging langsam ueber den Huegeln auf und im Morgenlicht konnte man hin und wieder Gruppen von Kanguruhs auf den vorbeiziehenden Wiesen sehen. Allein der Weg nach Kangaroo Island war schon sehenswert! Der Weg ist das Ziel oder wie sagt man so schoen...
Die Ueberfahrt zur Insel gestaltete sich stuermisch und schwankend. Sehr zur Freude von Birgit und mir, so dass wir etwas mit dem gerade zu uns genommenen Fruehstueck zu kaempfen hatten. Wer haette gedacht, dass ich ploetzlich zum ersten mal in meinem Leben nochmal Seekrank werde! Naja, aber wir ueberstanden die Fahrt trotzdem ohne weitere Vorkommnisse, auch wenn ich mich - zur Erheiterung einiger Senioren und einer Gruppe Jugendlicher - im Schneckentempo von Sitzreihe zu Sitzreihe schwankend zum Kiosk vortastete, um Wassernachschub zu besorgen.
Auf Kangaroo Island ging dann die eigentliche Tour mit einem Ausflug zu einem Strand los an dem man eine Kolonie Seeloewen bewundern konnte. Sie lagen dort faul in der Sonne herum und aalten sich im Sand. Ein paar Junge planschten im Wasser und waren zu niedlich, um wahr zu sein! Eines hatte leider seine Mutter verloren und die Rangerin, die uns begleitete, erklaerte, dass man es sich hier zum Gesetz gemacht hatte, nicht in den Verlauf der Natur einzugreifen. Ich haette das kleine Seeloewenbaby mit dem unbestimmten Schicksal zu gerne mitgenommen und mit der Flasche aufgezogen. Aber naja, sie werden schon ihre Gruende haben.
Ein Mittagessen gab es in einem Haeuschen mitten im Busch. An unserem Tisch sassen eine junge australische Familie, zwei junge Spanier, die deutsche Dolmetscherin Barbara und eine Deutsche mittleren Alters. Die Deutsche und die Dolmetscherin unterhielten sich angeregt ueber die Insel, als die Frau ploetzlich fragte: „Wie sieht es denn mit den Koalas auf Kangaroo Island aus?“, die Dolmetscherin antwortete in tiefer Ueberzeugung: „Ach nein, Koalas gibt es hier keine!“. Da zeigte die Deutsche ploetzlich aus dem Fenster auf einen Baum und sagte: „Und was ist das da?“. Tatsache, direkt neben dem Haus schlief ein Koala zusammengekugelt in einem Eukalyptusbaum. Guenter spitzte die Ohren, zueckte sofort die Kamera und kaempfte sich in den Busch, um das Tier von vorne zu filmen. Kaum war er draussen, taten es ihm sofort einige nach und der arme Koala wusste gar nicht wie ihm geschieht.
Es sollte nicht der einzige Koala an diesem Tag sein, denn bei einer Vogelshow, die wir danach im Wald bewundern durften, sass ebenfalls einer im Baum und regte sich nur gelegentlich, um sich ein paar Blaetter zu krallen. Leider konnte er sich nicht benehmen und pinkelte vom Baum aus ein paar Leute an, die darunter sassen. Hihihi...ich weiss es ist boese, aber ich musste so lachen! Bei dieser Show durfte ich sogar, geschuetzt durch einen Lederhandschuh, einen Kookaburra auf die Hand nehmen.
Im Flinders Chase National Park besuchten wir dann die „Remarkable Rocks“ (sehr kreativer Name...), auf denen wir herumkletterten. Leider ueberraschte uns ploetzlich ein Regenschauer, so dass wir patschnass wieder in den Bus steigen mussten. Guenter hatte die Ruhe weg und hatte sich im Gegensatz zu Birgit und mir irgendwo zwischen den Steinen untergestellt, so dass der gesamte Bus zur Weiterfahrt nur noch auf ihn wartete. Von da an betonte der Busfahrer vorsichtshalber bei jeder weiteren Station, wie wichtig es ist, dass wir rechtzeitig wieder zurueck sind. Wir haben das natuerlich nicht auf uns bezogen ;o).
Am Cape du Coedic stiegen wir vom Leuchtturm hinab zur Admirals Arch, einem natuerlichen Torbogen in den Klippen. Dort aalten sich unzaehlige Robben auf den Felsen, andere planschten vergnuegt in einem natuerlichen Pool im Fels herum. Waere es nicht urploetzlich so kalt geworden, haetten wir das Spektakel sicherlich ewig beobachten koennen. Zum kroenenden Abschluss erschien dann ueber einer kleinen Felseninsel im Meer ein Regenbogen, also hatte der Regen zuvor immerhin noch etwas Gutes an sich gehabt.
Die Rueckfahrt mit der Faehre am spaeten Abend war wieder sehr stuermisch und wir wurden noch einmal 45 Minuten ordentlich durchgeschuettelt. Als wir um 22:30h wieder im Hotel ankamen, war ich unheimlich muede und freute mich nur noch auf eine heisse Dusche, waehrend Guenter und Birgit sich noch einmal in der Cocktailbar vergnuegten.
Fuer den Sonntag hatte ich durch unseren Concierge (wie dekadent das klingt, aber ich liebe es) einen Mietwagen organisieren lassen, mit dem wir vor unserem Abflug am Abend noch das Barossa Valley erkunden wollten.
Das Barossa Valley ist das bekannteste Weingebiet Australiens, in dem deutsche Siedler 1847 den ersten Weinanbau betrieben haben. Da wir kein Navi dabei hatten, war Guenter mein Navigator – oder auch Naviguenter, hihi – und wir fuhren nach einem ausgiebigen Fruehstueck Richtung Tanunda. Nach einigen ungewollten Umwegen kamen wir schliesslich auch dort an und suchten im Umland von Tanunda nach Bethany, der - 1841 gegruendeten - ersten deutschen Siedlung im Barossa Valley. Bethany zu finden war eine kleine Herausforderung, nachdem ich auf Guenters draengen ueber einen holprigen Feldweg fuhr und er zustimmend „Hier sind wir richtig!“ nickte. Kurze Zeit spaeter wurde der Weg von einem Bachlauf unterbrochen, der bestimmt 2 Meter breit war.
An diesem kleinen Fluesschen stand ein freundlicher Bauer mit seinem Sohn und winkte mir ermutigend zu. „You can go over it!“, rief er. Etwas irritiert fragte ich aus dem Auto „Are you sure?“ zurueck. Denn irgendwie erschien mir dieses Wasser doch ein bisschen zu tief. Guenter war derweil schon mit der Videokamera aus dem Auto gesprungen, weil er das Spektakel unbedingt auf Band festhalten wollte...musste dann allerdings wieder zurueck ins Auto steigen, da das Wasser doch zu breit war, um mal eben drueber zu springen. Also fuhr ich langsam ins Wasser hinab und wir schafften es tatsaechlich – wenn auch mit durchdrehenden Reifen – auf die andere Seite. Mal abgesehen davon, dass der Toyota unter der Motorhaube qualmte und rauchte, schien er das auch ganz gut ueberstanden zu haben. Da muss wohl Wasser in den Auspuff gekommen sein...oops...
Am Weingut Bethany fragten Birgit und ich dann ein paar Maedels auf einem Grillfest nach dem eigentlichen Ort und die beiden sahen sich nur irritiert an, um uns dann mitzuteilen, dass wir schon mitten drin waren. Das war es also. Nichts Spektakulaeres, nur ein paar Haeuschen in hufeiseform in die Landschaft gepflanzt. Hier waren vor all diesen Jahren deutsche Einwander aus Schlesien, Preussen und Polen hergezogen und hatten dieses winzige Doerfchen gegruendet. Und eine lustige Sprache hatten sie: das Barossadeutsch. Das war eine Mischung aus Englisch und Deutsch und brachte so ein Kauderwelsch hinaus wie „Der rabbit ist über den fence gejumpt und hat die carrots abgenibbelt“(http://www.welt.de/welt_print/article1395564/Das_deutsche_Australien.html).
Im Barossa Valley fuhren wir zu ein paar Weinguetern, assen und tranken etwas und kauften Wein. Guenter hatte bereits zuvor auf der Karte entdeckt, dass einer der gruenen Huegel um das Tal „Kaiserstuhl“ hiess, den wollte er unbedingt sehen und navigierte mich dorthin, wo er den Berg vermutete. Bei Krondorf fuhren wir irgendwo einen Berg hinauf und fuehlten uns ploetzlich ein bisschen wie von Almen umgeben. Ueberall grasten Kuehe und wenn es nicht Eukalyptusbaeume gewesen waeren, haette man glatt glauben koennen, man ist irgendwo im Schwarzwald. Natuerlich fuhren wir wieder einmal verbotenerweise eine Dirtroad entlang und ich machte mir ein bisschen Sorgen um das Auto. Aber es ging schon und irgendwo oben auf dem Berg mit dem herrlichen Ausblick fanden wir dann tatsaechlich den Beweis, dass wir auf dem Kaiserstuhl waren: Das Strassenschild der „Little Kaiserstuhl Road“.
Irgendwie merkwuerdig sich mitten in South Australia ploetzlich so ein bisschen heimisch zu fuehlen!
Das Wochenende war so schnell wieder vorbei wie es gekommen ist und gestern in der Mittagspause habe ich Guenter und Birgit nun auch am Flughafen verabschiedet. Jetzt bin ich wieder ganz allein in diesem grossen, weiten Land.
Aber nun ja auch nicht mehr lange, denn naechsten Donnerstag kann ich vor der Arbeit den Jens vom Flughafen abholen und dann faengt am Samstag unser Urlaub an! 3 ½ Wochen werden wir mit einem schoenen VW Caddy Camper durch’s Land fahren und uns die gesamte Ostkueste und den Ayers Rock ansehen. Die Zeit hier vergeht viel zu schnell, ich glaub das muss an der Suedhalbkugel liegen... ;o)
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