Temperatur: 20°C (Wolken), gesehene Spinnen: 4, getoetete Kakerlaken: 1
Da ist er schon rum, der erste Monat in Sydney! Unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht, bin ich doch quasi gestern erst voller Vorfreude aus dem Flugzeug gestiegen, das erste mal mit schwitzigen Haenden auf der linken Seite gefahren und hab das Buero an meinem ersten Tag betreten, ohne jemanden zu kennen. Mittlerweile kann ich aber sagen: ich bin voll und ganz angekommen! Und als ich neulich am Hafengelaender vor der Oper stand und den Blick ueber das Wasser und die Harbour Bridge habe schweifen lassen, da war es ploetzlich da: das „ich-bin-hier-zuhause“-Gefuehl und ist seitdem nicht mehr verschwunden.
Auch die australische Gelassenheit hat sich mittlerweile in mir breit gemacht. So war es auch keine grosse Sache, als ich gestern frueh die Vorhaenge aufgezogen hab und ueber die Gardine eine eklige Kakerlake gekrabbelt ist...Kakerlakengift-Spruehflasche her – Kakerlake getoetet und abends weggesaugt – Fertig! Kein Geschrei, kein Igittttt, kein „Hilfe, ich brauche einen Mann!“ ;o). No worries eben...wird schon alles gut gehen! Ich glaub ich pass hier ganz gut her...
(Quelle: newyorkette.com/wp-content/cockroach_exterminator_450.jpg)
Nachdem mich vorletzte Woche nach unserem Hunter Valley Trip eine Erkaeltung dahingerafft hatte und ich zwei Tage lang sogar zuhause blieb und statt zu arbeiten das australische Fernsehprogramm studiert hatte, beschloss ich den Samstag, dass es an der Zeit war, das Sofa und vorallem das Haus mal wieder zu verlassen! Ich spazierte gerade durch Balmain, als Artem mich anrief und mich zum Lunch am Bondi Beach bestellte. Also nahm ich zum ersten mal statt dem Bus die Faehre von der Balmain Wharf in die Stadt zum Cirqular Quay, der Haupt-Faehrstation in Sydney.
Das war richtig toll! Bei Sonnenschein sass ich an Deck und schipperte mit dem kleinen Kutter am Luna Park vorbei und dann unter der Harbour Bridge hindurch. Die ganzen Touristen sprangen auf und schossen Fotos von allen Seiten der Bruecke und so fuehlte ich mich auch obliged ein paar Fotos zu machen. Als ich am Bondi Beach ankam, schwengte gerade das Wetter um und es begann etwas zu regnen. Ich hatte kurze Sachen an und fror etwas, also suchten Artem, Daria und ich schnell Zuflucht in einem nahegelegenen Fisch & Chips Place, wo wir uns die Baeuche vollschlugen, um danach den weiten weiten Weg in ein Bookshop Cafe auf uns zu nehmen...das direkt nebenan war und dem wir dann noch Talinn trafen ;o).
So verbrachte ich einen lazy Saturday in einem dieser tollen Cafes, in dem man umringt von Buecherregalen Kaffee aus verschoerkelten Tassen verschiedenster Arten auf zusammengestueckelten alten Moebeln trinkt und jederzeit hinter sich greifen und ein Buch aus dem Regal nehmen kann, um darin zu blaettern oder es gar ganz zu lesen. Man kann die gebrauchten und neuen Buecher auch kaufen, wenn man will, aber die meisten ziehen es vor dort gemuetlich zu lesen und sich evtl. mit dem Sitznachbarn ueber die jeweiligen Geschichten auszutauschen. Ist natuerlich auch ein super Ort fuer australische Maenner auf Partnersuche zu gehen, wie ich am Tisch neben mir feststellen konnte, an dem einer von ihnen eine blonde Frau geschickt in ein Gespraech ueber „Literatur“ verwickelte...sieht natuerlich immer sehr belesen und intelligent aus, sowas.
Abends traf ich mich mit Sophie und ihrem Freund Kay am Hafen, um den lazy Saturday mit Kino und einem kleinen Cocktail danach ausklingen zu lassen. Ich war ja immernoch furchtbar erkaeltet und wollte darum nichts grosses unternehmen.
Der Sonntag begann wieder sonnig und schoen, so dass ich sofort nach dem Aufwachen aufsprang, mich fertig machte und zum Queen Victoria Building fuhr, um mich dort mit Johanna zu treffen, die hier ihr praktisches Jahr als Aerztin macht.
Wir hatten ein ausgiebiges Lunch mit Pizza am Ciqular Quay, die uebrigens unheimlich lecker war, quatschten ueber alles moegliche (vorallem ueber Australien, Sydney und auch Tasmanien, wo sie gerade herkam). Wir gingen noch ein bisschen am Hafen spazieren, genossen den etwas windigen, aber sonnigen Tag und ich zeigte ihr grob die wichtigsten Sehenswuerdigkeiten. Durch den Hyde Park machten wir uns dann auf zum Italian Festival, das gerade in Darlinghurst stattfand.
Und dort angekommen war es ein bisschen wie in einem surrealen Sommerurlaub in der Toskana aufzuwachen. Ueberall lief italienische Musik, die Leute lachten, tanzten in den Cafes und tranken Wein. In einem mediteranen Brunnen lagen unzaehlige Rosen und auf der Buehne spielte eine Band. Leider waren wir etwas verspaetet angekommen, so dass diese kleine italienische Welt nicht mehr lange anhielt, weil das Festival nur bis 16h ging und man dann langsam begann abzubauen. Auch Artem, Daria und Talinn, die wir dort trafen, verabschiedeten sich bald und so machten auch Johanna und ich uns wieder auf dem Weg zurueck Richtung Hafen, wo wir die letzten Sonnenstrahlen und dann die beleuchtete Bruecke bei Nacht genossen und natuerlich unzaehlige Fotos schossen.
Ich weiss wirklich nicht, wieviele Fotos ich schon von der Harbour Bridge und der Oper habe, aber es sind wirklich einige und natuerlich sind alle zu schoen, um geloescht zu werden, hehe.
Die letzte Woche gegann dann eigentlich ganz gut. Montag wagte ich mich mit meiner ausklingenden Erkaeltung das erste mal wieder ins Fitnessstudio und bereuhte es bitter, da ich seitdem wieder furchtbaren Husten habe, der sich bis heute noch leider nicht von mir verabschieden will. Aber naja, was soll’s...australische Gelassenheit lehrt mich, dass auch der irgendwann weggehen wird ;o).
Solange ich weiss, dass es nicht die Schweinegrippe ist, da ich ja vorletzten Freitag bei meinem Arztbesuch vorsichtshalber darauf getestet wurde, ist wohl noch alles okay. Uebrigens eine krasse Entwicklung, denn als ich in Australien ankam, stellte man kurze Zeit darauf den ersten Swine Flu Case im Land fest und jetzt sind es glaub ich schon ueber 160 oder so. Vielleicht sollte man das doch nicht unterschaetzen...aber immerhin hab ich im Bus und an anderen oeffentlichen Orten mit meinem Husten immer viel Platz! ;o)
Mittlerweile war ich mit einem Kollegen, einem Freund von ihm und Johanna auch mal wieder ein tolles 10$ Steak in Dick’s Hotel essen (10$ = ca. 5 Euro), wo wir Mittwoch unsere weiteren Wochenende geplant haben, denn wir wollen ja nichts verpassen und ich habe festgestellt, dass die Zeit knapp wird, um alles in und um Sydney zu sehen und zu erleben! So startete das letzte Wochenende nicht so ungeplant und lazy, sondern voller Tatendrang!
Und zwar mit: Cocktails am Freitag mit Sophie und Johanna im Argyle im Inn-Stadtteil The Rocks und in der Opera Bar und am Samstag dann mit SHOPPING!!! Juchu!!! Als ich im Bus auf dem Weg zu den Paddington Markets sass, rief mich Johanna schon an: „Where are you? I already bought something!!!“, also sass ich wie auf heissen Kohlen, bis der Bus endlich anhielt und ich rausspringen konnte!
Der Paddington Market ist super...nur nicht fuer das Portemonaie, haha. Er ist ein bisschen alternativ, aber auch ein bisschen fashionista und ueberhaupt unbeschreiblich toll. Strassenmusiker spielten „Good Day Sunshine“ und wir hoerten dem lustigen Duo einen Moment zu, so dass sie schliesslich extra fuer uns ein deutsches Lied von Elvis (Mussi denn zum Staedtele hinaus) spielten.
Auf dem Markt gibt wirklich alles, von Hippiekleidern, ueber tolle Schmuck-Einzelstuecke, Secondhand-Kleider verschiedenster Marken und das beste sind die Staende von jungen australischen Designern, die in Sydney studieren und sich durch den Verkauf ihrer entworfenen Kleidung etwas dazu verdienen! Manche sind ziemlich teuer, andere verkaufen ihre Entwuerfe zu angemessenen Preisen und so liefen Johanna und ich von einem Stand zum anderen, die Taschen in unseren Haenden wurden von Stand zu Stand mehr, an manchen Staenden waren wir sogar mehrmals (und kauften auch mehrmals!)...natuerlich akzeptiert jeder auf dem Markt Kreditkarten, so dass es noch einfacher wird und man das Geld nicht schwinden sieht.
Man hoerte uns von Zeit zu Zeit nur so etwas murmeln wie „Das war jetzt aber das letzte Teil!“ oder „Mehr geb ich heute wirklich nicht aus!“ und zack hatten wir wieder einen neuen Stand entdeckt...so ging das bis nachmittags, als wir so ziemlich jeden Stand mindestens einmal abgegrast hatten und uns auf einen Kaffee auf den Weg zum Bondi Beach machten (man beachte den zuvor gefallenen Satz „Okay, nur noch dieses eine Teil, aber dafuer leiste ich mir keinen Kaffee mehr!“ ;o)).
Das Wetter war regnerisch, aber immerhin nicht so schlimm wie am Vorabend, als Johanna und ich uns durch den Regen kaempften, der monsunartig runterkam und die Strassen Sydneys ueberschwemmte, so dass irgendwann, als wir rennenderweise eine Strasse ueberquerten meine Papiertuete unten aufplatzte, weil sie so durchweicht war und alles auf die Strasse fiel!
Aber zurueck zum Samstag...wir tranken also Kaffee in einem Strandcafe in Bondi, ich stopfte einen leckeren Strawberry-Donut in mich rein (nebenbei die eklige, krank aussehende Taube verscheuchend, die immer wieder auf unseren Tisch flog) und wir beschlossen dann zu einem der View Points auf einer Klippe am Strand zu gehen, von dem aus man weit aufs Meer und ueber Bondi gucken kann. Von dem Point sahen wir auf der anderen Seite, etwas weiter entfernt eine andere, groessere Klippe und beschlossen dorthin zu wandern, obwohl es immer wieder anfing zu regnen.
Als wir dort ankamen, wurde es langsam schon dunkel und der Wind dort oben war so stark, dass man kaum aufrecht stehen konnte. Aber es war ein Erlebnis und erinnerte mich sehr an Urlaube auf Sylt! Das Wetter an der Kueste hier kann man auch im weitesten Sinne mit dem auf Sylt vergleichen. Zwar ist es meist heisser und eher von tropischem Klima, jedoch aehnelt der Winter hier schon ziemlich dem Sommer auf der Insel. Das Wetter ist zum Beispiel unvorhersehbar! Auf die deutsche Seite wetter.com verlasse ich mich schon seit Beginn meiner Zeit hier nicht mehr, denn die zeigte so ziemlich jeden Tag falsche Aussichten an, meist eher deprimierende, so dass man hinterher immerhin positiv ueberrascht war.
Meist gucke ich jetzt die Vorausschau im Fernsehen oder auf smh.com.au (Sydney Morning Herald, unsere Zeitung hier) an und werde trotzdem noch jeden Tag aufs Neue ueberrascht. Man wacht morgens bei Regen auf und packt sich dick ein, nur um dann einen Tag in der Sonne zu verbringen oder aber man geht in kurzen Sachen in die Stadt, nur um dann von Wolken und Wind ueberrascht zu werden. Darum empfiehlt sich hier immer der Layers Look, eine Jeans, die man hochkrempeln kann, und ein Schirm im Rucksack fuer den Fall der Faelle..
So machten wir uns auch Sonntag wieder gehuellt in verschiedene Schichten Kleidung auf zum Sydney Harbour National Park, nur um dort die Jacke und den Schirm fuer den Rest des Tages durch die Gegend zu tragen ;o).
Aber ich will mich darueber natuerlich nicht beklagen, denn als wir vom Cirqular Quay mit der Faehre nach Manly uebersetzten, begann es schon zu regnen, aber als wir dort ankamen, blitzte hier und da sogar ein bisschen Sonne durch die dichte Wolkendecke. Und als wir, ausgeruestet mit einer Karte des Parks, den „Manly Scenic Walkway“ entlang liefen und zum Teil auch kletterten, kamen wir schon ganz schoen ins Schwitzen.
Der National Park liegt eigentlich mitten in Sydney am Ende des langen Hafens (man kann die unendliche scheinende Groesse des Hafens von Sydney erst abschaetzen, wenn man mal einen Blick darauf bei Google Maps geworfen hat!), aber man hat an kaum einer Stelle das Gefuehl mitten in der Stadt zu sein. Als wir unseren langen Weg antraten, schrie Johanna ploetzlich auf und zeigte mit dem Finger ueber meinen Kopf. Und da hing sie: Meine erste grosse, australische Spinne. Es war eine ca. Handflaechengrosse Huntsman Spider und sie teilte sich ihr Netz mit einer kleineren aber dennoch nicht minder ekligen Gefaehrtin.
Sie sollte auf unserem Weg auch nicht die einzige bleiben und wir betrachteten die krabbeligen Viecher im Vorbeigehen mit Interesse und Respekt.
Der Weg fuehrt an Straenden vorbei, durch dichten Busch, teilweise muss man ueber Felsen klettern, bergauf – bergab, bis man irgendwann gar nicht mehr das Gefuehl hat so nah an der Zivilisation zu sein.
Letzteres sorgte bei uns fuer einige Irritation, als wir an einer Weggabelung einen Abstecher zu einem der zahlreichen Viewpoints machen wollten, dem Weg ca. 200 Meter folgten und am Ende die Aeste auseinander bogen, nur um vor einem Fussballplatz mit spielenden Kindern und an der Strasse geparkten Autos zu landen. Ich haette gern ein Foto unserer Gesichter in diesem Moment gehabt und fuehlte mich ein bisschen wie am Ende des Films „The Village“, haha.
Also schnell wieder rein ins Dickicht und weiter ging’s! Bis zu einem schoenen, einsamen Strand, an dem wir unsere bei ALDI SUED (jahaaa, hier gibt es ALDI SUED...also eigentlich muesste er ALDI SEHR WEIT SUED heissen ;o)) gekauften Kekse und Haribos picknickten und beim erschoepft dem Rauschen der Wellen zuhoerten.
Ein paar Stunden und zahlreiches hoch und runter Geklettere spaeter erreichten wir schliesslich eine Strasse ausserhalb des National Parks, die steif berauf ging und an der wir eine Bushaltestelle fuer den Weg zurueck suchten. Leider laengere Zeit vergebens, bis wir schliesslich an eine Autobahn Richtung Stadt kamen und mit lautem Jubelschrei die einzige Bushaltestelle weit und breit begruessten. Als dann auch endlich einer der vorbeifahrenden Busse anhielt, waren wir ganz entzueckt und stiegen ein. An diesem Abend fuhren wir das erste Mal ueber die Harbour Bridge...
Am Darling Harbour erholten wir uns von dem anstrengenden Day bei Dinner und einem Glas Wein und buchten schliesslich bei mir noch schnell unseren Flug nach Melbourne, wo wir am letzten Juniwochenende zwei Tage hin wollen, um die Great Ocean Road entlang zu fahren und uns die Stadt anzugucken.
~ines
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