Great Ocean Road "dekadent"

Wetter (Melbourne): 15 Grad (sonnig), gesehene Spinnen: 0, gesehene Koalas: 1, gesehene Wale: 4, gesehene Kaenguruhs: 1

4:50h zeigte die Uhr an, als ich langsam aus meinen Traeumen erwachte und ich konnte es in diesem Moment fast nicht fassen, dass ich jetzt tatsaechlich aufstehen sollte. Mein erster klarer Gedanke war: „Wie konnte ich nur so bloed sein und den 7h Flug nach Melbourne buchen?“. Hellwach wurde ich allerdings, als wir nach der Landung in Melbourne Avalon - einem winzigen Flughafen, der eigentlich nicht mehr ist als eine Wellblechhuette umgeben von Farmland und Busch ist – trotz fuenf verschiedener Autovermietungen keine fanden, die noch ein Auto fuer uns uebrig hatte. 

Als ich den Blick des Avis Mitarbeiters sah, bei dem wir zuletzt vorstellig wurden, sagte ich nur: „Let me guess, you got no cars left?“. Er nickte nur und Johanna ergriff die Initiative fuer den Plan B. Geelong war nicht weit entfernt und sie liess sich die Adresse der dortigen Avis Filiale geben. Mit einem Taxi brausten wir durch flaches Land bis in die zweitgroesste Stadt Victorias und hatten tatsaechlich Glueck. Die nette Avis Frau hatte noch einen billigen Hyundai Getz uebrig, der fuer das Wochenende unser Hauptaufenthaltsort werden sollte.


Johanna war diesmal am Steuer und lenkte uns mit musikalischer Untermalung von alten Michael Jackson Songs, die aufgrund seines ploetzlichen Dahinscheidens bereits seit Donnerstag das Radioprogramm bestimmten, Richtung Great Ocean Road. Und ich muss sagen, die Great Ocean Road ist unglaublich schoen. Die Strasse schlaengelt sich ueber ca. 120km an der Kueste entlang und alle paar Kilometer findet man einen View Point, an dem man halten und den Blick von den Klippen geniessen kann. 

Alles war herlich gruen, trotz der vor kurzem tobenden Buschfeuer in der Gegend, und das Wetter meinte es auch gut mit uns. Das ganze Wochenende liess sich kaum eine Wolke blicken und wir erkundeten bei ca. 15 Grad die Gegend (wo doch Melbourne immer so schrecklich kalt sein sollte). Ziemlich am Anfang der Strasse kamen wir an einen kleinen Leuchtturm und ein paar Kilometer weiter an einen Viewpoint mit einem tollen, felsigen Strand, den man ueber eine Treppe erreichen konnte. Wir liefen ein bisschen herum und sassen schon wieder im Auto, als Johanna mit ihren Adleraugen einen Koala erspaehte, der an der Strasse sass als wartete er auf den Bus. 

Also wieder raus aus dem Auto und bewaffnet mit Fotoapparat ab in Richtung des pelzigen Freundes. Leider waren wir nicht die einzigen, die ihn gesehen hatten, denn von der anderen Seite schlich sich ein aelteres Ehepaar heran, die extra mitten auf der Strasse angehalten hatten. Der Koala fuehlte sich anscheinend etwas eingeengt, sah einmal nach links und einmal nach rechts und verschwand dann raschelnd im Gebuesch. Natuerlich nur, um sich perfekt fuer die kleine Fotosession an einem Eukalyptusast zu praesentieren! ;o) Geduldig wartete er bis wir genug Fotos gemacht hatten und begutachtete uns interessiert aus dem sicheren Gebuesch.


Wir fuhren etwas weiter und entdeckten von einem weiteren Viewpoint zufaellig eine Gruppe Wale im Meer. Was fuer ein toller Tag! Wir beobachteten sie, wie sie sich immer mal wieder aus dem Wasser herauswaelzten und dann wieder in den Wellen verschwanden. Sie waren noch einmal um einiges naeher am Ufer als die Wale, die wir vor ein paar Wochen in Anna Bay gesehen hatten. Als wir weiterfuhren liess ich meinen Blick ueber die Klippen und das Meer schweifen und wir waren noch nicht sehr weit gefahren, als ich nur schrie: „Johanna, halt an! Noch mehr Wale!!!“ und wir mit einer Vollbremsung gerade noch so in das Ende einer Haltebucht einscheren konnten. 

Zwei Inder, die nicht viel aelter zu sein schienen als wir, sahen verschreckt von ihren Kameras auf, als wir ploetzlich in einer grossen Staubwolke neben ihnen erschienen, aus dem Auto sprangen und auf den Rand der Klippe zustuermten. Ich hatte vom Auto aus gesehen, wie einer der Wale ganz aus der Wasseroberflaeche auftauchte und dann mit dem Schlag seiner riesigen Schwanzflosse wieder im Meer verschwand. Nun standen wir da und beobachteten die naechste Walgruppe, die diesmal noch naeher am Ufer war.


Das war schon etwas sehr besonderes, denn als wir in einem Hotel (Pub, Hotel, wer weiss das schon) direkt am Strand von Apollo Bay zum Lunch einkehrten, meinte die Bedienung, dass wir mit ganz ganz viel Glueck dort an diesem Wochenende Wale sehen koennten. Als wir dann abwinkten und ihr erzaehlten, wir haetten schon viele Wale in Australien und vorallem auf der Great Ocean Road gesehen, meinte sie, dass wir uns da sehr gluecklich schaetzen koennten, da man dafuer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein muesse. Sie war sehr nett, wir unterhielten uns noch eine Weile mit ihr ueber das Naturschauspiel und fanden es toll, dass auch die Einheimischen es noch so zu schaetzen wussten. 

Als wir am Cape Ortway ankamen, bogen wir links in eine Seitenstrasse ein und folgten ihr mehrere Kilometer in Richtung ihrer Spitze. Kuehe grasten direkt am Wegrand und wir fuhren durch natuerliche Baumalleen und genossen es der Grossstadt mal ein Wochenende entflohen zu sein. An der Spitze des Cape Ortways gab es die aelteste Telegraphenstation Australiens (oder war es doch nur Victorias?) und Australias most significant Lighthouse zu bewundern. Wir liefen herum, versuchten in den Gebueschen Schlangen zu erspaehen, bewunderten die Gebaeude und die Aussicht und versorgten uns im Cafe mit Wasser fuer die Weiterfahrt.


Die Weiterfahrt war sehr gemuetlich und zog sich fuer eine laengere 
Strecke durch Wald und Busch mit kleinen Farmhaeusern, die Milchkannen als Briefkaesten hatten. Ausserdem war es eine sehr ruhige Fahrt, denn unsere Radiosender hatten uns bereits vor Kilometern verlassen. Dadurch merkte man noch einmal sehr deutlich wie abgeschieden die Leute dort leben. Irgendwann kam wieder die Kueste in unser Blickfeld mit ihren Klippen und weissen Straenden. Wir fuhren noch ein paar Kilometer und die Sonne begann langsam zu sinken. 

Kurz hinter Princetown erreichten wir dann unser Etappenziel des Tages: die 12 Apostel, einige umspuelte Felsen im Meer. Wieviele es von den urspruenglichen 12 heute noch sind, konnten wir leider nicht genau ausmachen. Wir kamen beim Zaehlen auf 6, mit den beiden Ueberbleibseln der London Bridge waeren es aber 8 und irgendwo fiel die Zahl 7...einer soll ja auch erst letztes Jahr eingestuerzt sein. Wir hielten etwas inne und beobachteten wie die Sonne langsam hinter den Aposteln unterging. So ruhig, wie wir uns das vorgestellt hatten, war es allerdings nicht ganz, denn um uns herum wimmelte es zum ersten mal des Tages von Touristen.


Da wir am naechsten Tag direkt nach Melbourne wollten, hatten wir uns vorgenommen, soweit wie moeglich zurueck ueber die Great Ocean Road zu fahren und dann in einem kleinen Badeort namens Lorne zu uebernachten. Es ist allerdings nicht gerade ungefaehrlich dort laengere Strecken im Dunkeln zurueck zu legen, denn es besteht immer die Gefahr, dass ein Kaenguruh aus dem Nichts auf der Strasse auftaucht. In der Daemmerung fuhren wir durch ein laengeres Waldgebiet, als Johanna ploetzlich wieder scharf bremste, denn wir hatten bereits von weitem ein kleines Kaenguruh am Strassenrand sitzen gesehen. 

Ich war begeistert, nachdem das erste Kaenguruh, dass ich an diesem Tag gesehen hatte, tot am Strassenrand gelegen hatte. Allerdings war das (lebende) Kaenguruh nun nicht so interessiert an uns wie wir an ihm und war verschwunden als wir aus dem Auto gestiegen waren. Also ging es fuer uns weiter durch den Busch und als es schliesslich dunkel war, erschraken wir, denn am Strassenrand lag ein auf die Seite gekippter Golf II im Graben. Wir fuhren langsamer und beobachteten die Szenerie. Da bereits einige Leute am Unfallort waren und wir in dem Auto niemanden mehr ausmachen konnten (es schien als waeren alle Insassen bereits herausgeklettert), fuhren wir weiter...nun noch etwas vorsichtiger! 

Erst kurz vor Apollo Bay kam uns die Feuerwehr mit Blaulicht entgegen, was einem noch einmal klar machte, wie lange es hier dauerte, bis man versorgt wuerde, sollte einem wirklich etwas ernstes passieren. Nach Apollo Bay waren wir wieder auf der Kuestenstrasse und somit war die Gefahr von Kaenguruhs zumindest erst einmal gebannt. Allerdings erwarteten wir nun hinter jeder Kurve einen auf uns zurasenden Amerikaner, der auf der rechten Seite fuhr ;o). Irgendeinen Grund muss es ja schliesslich geben, dass auf der Great Ocean Road sogar teilweise Pfeile auf der Strasse aufgemalt sind, die einem noch einmal verdeutlichen, wer auf welcher Seite zu fahren hat und wer es dann immernoch nicht verstanden hat, wird sicherlich auf die Schilder aufmerksam, die „Drive Left in Australia“ in Wort und Bild verdeutlichen.


Um ca. 20h erreichten wir schliesslich Lorne und das Eskine Hotel, das mir von einem Kollegen empfohlen wurde. Das Eskine Hotel ist ein sehr schickes Hotel direkt am Strand von Lorne. Wir konnten zwar nicht herausfinden, wieviele Sterne es hat, doch einigten uns auf mindestens 4 und buchten einen guenstigen Heritage Room fuer $133 (35 Euro pro Person!). 

Die Rezeptionistin entschuldigte sich bereits im Vorfeld fuer das Zimmer und die alten Moebel in ihm, so dass wir beim eintreten ein etwas mulmiges Gefuehl hatten, doch wir waren begeistert! „Alt“ bezog sich auf Moebel, die vielleicht 5 Jahre auf dem Buckel hatten und das Bad war neu, modern und hatte zu meiner groessten Freude eine extravagante Badewanne! So nahm ich nach unserem Dinner im Lorne Hotel seit Monaten endlich wieder ein langes, heisses Bad.


Der naechste Morgen begann um 7h und wieder einmal mit dem „Ich will nicht aufstehen – Gefuehl“, das aber sehr schnell in pure Begeisterung umschwang als wir den Spa Bereich unseres Hotel betraten, in den Pool sprangen und uns im Whirlpool entspannten. 

Erst als eine Familie offensichtlich professioneller Schwimmer, die Eltern und zwei kleine Jungs, schliesslich dazu kamen und ihre Bahnen zogen, war es fuer uns Zeit in den Steam Room zu fluechten und dort noch ein paar Minuten Ruhe zu geniessen. Und das Fruehstueck, dass uns nach einer langen Dusche erwartete, war auch super. Ein Buffet mit allem Schnickschnack fuer $18 im Kaminzimmer mit Meerblick...aeusserst dekadent! Wir wollten gar nicht mehr weg und ueberlegten uns bei einem Strandspaziergang, ob sie Ausrede „Ich wurde in Melbourne in Quarantaene gesteckt!“ auf der Arbeit anerkannt werden wuerde. Wieder war keine Wolke am Himmel...


Nach all unseren Erlebnissen auf der Great Ocean Road wurde Melbourne nur noch Nebensache. Dennoch fanden wir den Stadtteil St. Kilda, den wir uns hauptsaechlich ansahen, sehr schoen. Mit kleinen Shops, vielen Strassencafes und einem Strand in der Naehe des Piers hatte er etwas niedliches. Nachdem wir etwas herumgelaufen hatten, assen wir in einem kleinen Restaurant mit live Musik am Strand und beobachteten ein asiatisches Hochzeitspaar, das Fotos am Strand machen liess. Als wir zurueck nach Sydney flogen, waren wir muede, aber froh den Weekend Trip gemacht zu haben. Wir hatten soviel gesehen und erlebt und ich weiss, dass ich definitiv irgendwann nochmal ueber die Great Ocean Road fahren moechte...vielleicht sind dann ja nur noch 5 Apostel da, man weiss es ja nicht...

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